Wie werden Drohnen und autonome Waffen den Krieg verändern? Dies das Thema einer Dokumentationssendung im Rahmen von NZZ-Format am Schweizer Fernsehen SRF1 vom 20. Juli 2023. Ein nahezu unfassbarer und an Zynismus und Menschenverachtung kaum zu überbietender Einblick in „moderne Kriegsführung“, ins masslose Verschleudern von Ressourcen, Geld und „Intelligenz“ mit dem einzigen und alleinigen Ziel, Kriegsführung so weit zu perfektionieren, dass dem Gegner grösstmöglicher Schaden zugefügt wird, während man selber möglichst kleine oder gar keine Opfer zu erbringen hat. Die Büchse der Pandora, die sich schon so weit geöffnet hat, dass es einem nur noch kalt über den Rücken hinunterläuft. Denn schon wird an ganzen Drohnenschwärmen geforscht, die wie fliegende Minenfelder agieren sollen. Allein durch ihre schiere Anzahl könnten sie den Gegner samt seinen Flugabwehrsystemen überwältigen. Logisch, dass jede Militärmacht dadurch, dass ihre Gegner über solche Waffen verfügen wird, gezwungen ist, entsprechende Gegensysteme aufzubauen – eine weitere weltweite Eskalation und Rüstungsspirale ist damit vorprogrammiert, die immer höhere Kosten erfordern und eine immer grössere Menge an Ressourcen verschlingen wird, und dies in einer Welt, wo über eine Milliarde Menschen unter extremer Armut leiden, sich nicht ausreichend ernähren können und von tödlichen Krankheiten betroffen sind, die mit geringstem Aufwand zu bezwingen wären.
„Kriege werden in Zukunft anders geführt, Algorithmen bestimmen zunehmend, was auf dem Schlachtfeld passiert“ – so der Filmkommentar. Als wäre Krieg gottgegeben, eine Welt ohne Krieg unvorstellbar, nur dass er eben zukünftig „anders“ geführt wird. Längst schon ist nicht mehr vom „Frieden der Zukunft“ die Rede, sondern nur noch vom „Krieg der Zukunft“, als wäre das etwas Verlockendes, etwas, was sich auch nur einigermassen vernünftige Menschen im Entferntesten wünschen könnten. Man sieht im Film junge Technikerinnen und Techniker, die mit kleinen Drohnen hantieren, als wären es ihre Lieblingsspielzeuge. Man sieht „Militärexperten“ und „Militärexpertinnen“, welche die „moderne Kriegsführung“ erklären und dabei ein Lächeln im Gesicht haben, als ginge es um die Planung einer Hochzeitsfeier. Man sieht Messehallen, wo die neuesten „Errungenschaften“ modernster Waffentechnik präsentiert und zum Kauf angeboten werden, wie anderswo Autos oder Kühlschränke präsentiert und zum Kauf angeboten werden. Man sieht die potentiellen Käufer in die Halle strömen, fast nur Männer, alle in edlen Anzügen, mit Krawatte und Aktenkoffer, als wäre nicht das Töten von Menschen, das Zerstören ganzer Landschaften, die Vernichtung von Lebensträumen unzähliger namenloser Männer, Frauen und Kinder in dem von ihnen erdachten „Feindesland“ ihr eigentliches Geschäft. Aber man sieht in diesem ganzen Film nicht einen einzigen verwundeten oder getöteten Soldaten, man sieht keine einzige Frau und kein einziges Kind, das ohne seine Eltern, ohne Schutz und ohne Hilfe inmitten unvorstellbarer Verwüstung zurückgeblieben ist. Dort, wo die Drohnen ihre tödliche Last ins Ziel gebracht haben, sieht man, aus sicherer Entfernung, höchstens aufgewirbelten Staub oder ein Fadenkreuz, in dem sich eine Rauchwolke in Sekundenschnelle auf alle Seiten hin menschenleer ausbreitet.
Nur schon der Begriff „künstliche Intelligenz“. Als hätte das mit allen technischen Raffinessen vorangetriebene Töten auch nur im Entferntesten etwas zu tun mit menschlicher Intelligenz. Und selbst alle im Film gezeigten „Forscherinnen“ und „Forscher“: Ihre Forschungsgebiete sind ausschliesslich die Drohnen, die digitale Kriegsführung, die Algorithmen. Keine Einzige und kein Einziger von ihnen forscht auf dem Gebiet der Konfliktlösung, der Vertrauensbildung, der Abrüstung oder des Friedens. Das Äusserste, worauf sie sich einlassen, ist die Debatte, ob es „ethisch“ vertretbar sei, wenn nicht mehr Menschen, sondern Maschinen oder Algorithmen darüber entscheiden, wer, wann und wo getötet werden soll. Als wäre es so viel „ethischer“, wenn ein Mensch dies alles entscheidet. Der Film endet mit der erschreckenden Frage einer „Militärexpertin“, ob nicht schon bald der Zeitpunkt gekommen sein könnte, an dem das aufgebaute Waffenarsenal bereits so „intelligent“ geworden sein könnte, dass es sich aufgrund eines Missgeschicks oder einer technischen Panne blitzschnell für einen Angriff auf den einprogrammierten Gegner entscheidet und damit eine entsprechende Reaktion der Gegenseite auslösen könnte, ohne dass der Mensch, buchstäblich überflüssig geworden, dazu noch etwas zu sagen hätte…