Friedensverhandlungen als einziger gangbarer Weg aus der Sackgasse gegenseitiger Zerstörung

 

Eine der hartnäckigsten Lügen, die von den westlichen Mainstreammedien verbreitet und von den westlichen Kriegstreibern eifrig nachgebetet wird, ist die, dass ja der Westen noch so gerne zu Friedensverhandlungen bereit wäre, diese aber durch die russische Seite permanent blockiert würden. Einer Meldung der Nachrichtenagentur Keystone vom 30. April 2022 zufolge scheint aber eher das Gegenteil der Fall zu sein: Die russische Seite, so Aussenminister Lawrow in einem Interview mit der chinesischen Agentur Xinhua, befürworte eine Fortsetzung des Verhandlungsprozesses, dieser würde aber durch die „militante Rhetorik und hetzerische Aktionen der westlichen Unterstützer der Ukraine behindert“. Wer der russischen Seite grundsätzlich misstraut und alles, was aus dem Munde eines russischen Politikers kommt, als reine Propaganda abtut, wird sich freilich von diesen Äusserungen Lawrows nicht sonderlich beeindruckt zeigen. Aber weshalb wird eine solche Nachricht nicht wenigstens kommentarlos in westlichen Medien veröffentlicht? Es kann sich dann ja jede und jeder immer noch frei seine eigene Meinung bilden und selber entscheiden, wem er oder sie glauben will und wem nicht. Ein zweiter Hinweis zu diesem Thema stammt von Klaus Dohnanyi, dem ehemaligen Berater des deutschen Bundeskanzlers Kohl. In einem Interview mit dem NDR sagt Dohnanyi, Wladimir Putin hätte Ende Dezember 2021 an die US-Regierung einen Brief geschrieben mit dem Anliegen, in Bezug auf die Ukraine eine einvernehmliche Lösung hinzukriegen. Die Antwort der US-Regierung habe gelautet: „Über diese Frage werden wir mit Ihnen nicht verhandeln.“ Dohnanyi bedauert in seinem Interview diese Haltung zutiefst, wäre doch dies eine grosse Chance gewesen, den späteren Krieg zu verhindern. Der amerikanische Präsident, so Dohnanyi, hätte nur sagen müssen: „Präsident Putin, wir sehen jetzt, dass Sie es ernst meinen, und wir werden jetzt über die Zukunft der Ukraine mit Ihnen reden.“ War die westliche Seite gar nie ernsthaft an einer friedlichen Lösung interessiert? Fast scheint dies der Fall zu sein. Das sieht auch Thania Paffenholz, Friedensforscherin und Direktorin einer Genfer Friedensorganisation, in einem Interview mit dem „Tagblatt“ vom 2. Mai 2022 nicht viel anders: „Die Strategie des Westens“, sagt sie, „ist aktuell die Eskalation und es wird wenig darüber nachgedacht, wie eine Friedenslösung möglichst aufgegleist werden könnte. Es gibt langfristig keine Alternative zum Dialog. Letztlich braucht es eine Deeskalation, diese sehe ich beim Westen aktuell nicht.“ Paffenholz hat auch Verständnis für die Sicherheitsinteressen Russlands, welche aber mit der Osterweiterung der NATO nicht ernst genommen worden seien. Auch sieht Paffenholz wesentliche Ursachen des Konflikts in wirtschaftlichen Interessen, denn „die Konfliktlinien verlaufen entlang der Rohstoffvorkommen in der Ukraine“ – eine Tatsache, über welche in den westlichen Mainstreammedien kaum je berichtet wird. Aus allen diesen Gründen, so Paffenholz, sei Frieden in der Ukraine nicht möglich, „ohne dass die europäische Friedens- und Sicherheitsarchitektur neu gestaltet und mit Russland verhandelt wird.“ – eine Forderung übrigens, die Putin bereits 2001, kurz nach seinem Amtsantritt, dem Westen gegenüber erhoben hatte. Für jeden zwischenstaatlichen Konflikt, und sei er noch so kompliziert, gibt es immer auch eine mögliche friedliche, diplomatische Lösung, die, auch wenn sie noch so bruchstückhaft ist, immer noch besser ist als der Krieg. Ermöglicht werden kann eine solche Lösung einzig und allein dadurch, dass die beteiligten Parteien von der Ideologie eines „Alles oder nichts“ abrücken. Und dadurch, dass im gegenseitigen Verständnis nicht Misstrauen, Verdrehungen und Lügen verbreitet, sondern gegenseitiges Vertrauen aufgebaut wird und die Bereitschaft, sich gegenseitig zuzuhören und die jeweils unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse der anderen Seite ernst zu nehmen. Oder, wie der frühere deutsche Bundeskanzler Helmut Schmid einmal sagte: „Lieber hundert Stunden lang ergebnislos verhandeln, als eine Minute lang schiessen.“