Mittagsnachrichten am Schweizer Radio vom 29. August 2025: Höchst tendenziöse Berichterstattung zu Gaza…

Schweizer Medien – Radio, Fernsehen, Tageszeitungen – rühmen sich einer ganz besonders „ausgewogenen“ Berichterstattung über internationale Ereignisse und grenzen sich damit oft auch von „ausländischen“, „weniger objektiven“ oder gar „propagandistischen“ Formen der Nachrichtenvermittlung ab.

Doch entspricht diese auch von einer überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung geteilte Sicht tatsächlich der Realität? Schauen wir uns an, wie Radio SRF in den Mittagsnachrichten vom 29. August 2025 über den Einmarsch der israelischen Armee in die grösste Stadt in Gaza, Gazastadt, berichtete…

Die israelische Armee hat Gazastadt zur Kampfzone erklärt…

Mit anderen Worten: Wenn Israel ein bestimmtes Territorium als „Kampfzone“ bezeichnet, dann findet dort logischerweise Krieg statt. Begründen muss man das ja nicht unbedingt weiter, weil es ja sozusagen ein offizieller, sogar transparenter und offensichtlich „legitimer“ Entscheid einer demokratisch gewählten Regierung ist, die schon wissen wird, wie sie zu diesem Entscheid gekommen ist.

Ab heute gäbe es dort keine taktischen Kampfpausen mehr, teilte das israelische Militär mit…

Aha. „Kampfpausen“ wären bloss ein „taktisches“ Instrument. Vielleicht, um die betroffene Bevölkerung kurz im Glauben zu lassen, die Angriffe würden aufhören, bloss um sie sodann noch viel heftiger weiterzuführen? Oder vielleicht, um den eigenen Soldaten jeweils eine kleine Verschnaufspause zu verschaffen? Oder vielleicht, um mit den zur Verfügung stehenden Waffen nicht allzu verschwenderisch umzugehen?

Gazastadt stelle eine gefährliche Kampfzone dar…

„Gefährlich“ für wen? Für Israel? Für die israelische Armee, die aus der Luft Bomben abwirft? Oder gar für die in Gazastadt lebenden Menschen, die seit Monaten Tag und Nacht in panischer Angst leben, kaum mehr etwas zu essen und zu trinken haben und schon seit Wochen auch nicht mehr über die grundlegendste medizinische Versorgung verfügen?

Bisher gab es in der grössten Stadt im Gazastreifen tagsüber Zeiten, in denen die israelische Armee ihre Kämpfe unterbrach, damit Hilfswerke die Menschen vor Ort versorgen konnten…

Wie lieb von der israelischen Armee. Also so schlimm, wie man oft hört, scheint sie nun doch nicht zu sein…

Die israelische Armee werde auch weiterhin humanitäre Bemühungen unterstützen, während sie Operationen zum Schutz von Israel durchführe…

Aha. Endlich erfahren wir, dass die israelische Armee im Grunde genommen eine humanitäre Organisation ist und ihr humanitäres Engagement auch weiterhin unbeirrt fortsetzen wird, selbst wenn die ganze übrige Welt das Gegenteil behauptet. Und dass ja alles nur zum Wohl der Menschen geschieht, zu ihrem „Schutz“, zu ihrer „Sicherheit“, und dass es gar nicht Völkermord ist, sondern nur „Operationen“ sind (und das kann ja nicht wirklich etwas Schlechtes sein), und dass man ja gar nicht wirklich tötet, sondern nur „durchführt“, was demokratisch beschlossen wurde.

Mitte August hatte Israel angekündigt, auch Gazastadt einzunehmen, um die Terrororganisation Hamas zu zerstören. Die Ankündigung sorgte international für Kritik…

„Ankündigen“ tönt in der Tat nicht schlecht, ist sogar ganz besonders rücksichtsvoll, gab man damit ja sogar den Menschen in Gazastadt die Gelegenheit, ihre Häuser rechtzeitig zu verlassen und an sicherere Orte zu gehen, auch wenn es diese schon längst gar nicht mehr gibt. Nett auch, alles so frühzeitig anzukündigen, damit die Menschen nicht den Schock erleben müssten, mitten in der Nacht von den Bomben überrascht zu werden, sondern fast zwei Wochen Zeit hatten, sich auf diesen Moment vorzubereiten. Doch abgesehen von alledem: Wenn das Ziel darin besteht, eine „Terrororganisation“ zu zerstören, dann muss man ja eigentlich alles andere gar nicht mehr rechtfertigen, denn dann sind sowieso alle Mittel recht, um das Ziel zu erreichen, ganz so, wie es der ehemalige israelische Geheimdienstchef Aharon Haliva unlängst mit diesen erschreckenden Worten formulierte: „Die Tatsache, dass es in Gaza bereits 50‘000 Tote gibt, ist notwendig und erforderlich für zukünftige Generationen. Für alles, was am 7. Oktober 2023 passiert ist, für jeden am 7. Oktober getöteten Menschen müssen 50 Palästinenser sterben. Es spielt jetzt keine Rolle, ob es sich um Kinder handelt. Sie brauchen hin und wieder eine Lehre.“ Alles klar. Denn es wäre ja auch völlig vermessen, die israelische Regierung, die inzwischen schon fast 100’000 Menschenleben auf dem Gewissen hat, auch nur im Entferntesten mit der Hamas zu vergleichen, die an jenem ominösen 7. Oktober rund 1400 Menschen tötete. Und erst recht wäre es jenseits aller „Ausgewogenheit“ und „Objektivität“, käme auch nur ein einziger Mensch auf die Idee, die israelische Regierung als „Terrororganisation“ zu bezeichnen, obwohl das Wort „Terror“ nichts anderes bedeutet als „Schrecken“ und es eigentlich nicht allzu grosser Phantasie bedarf, um sich vorzustellen zu können, dass wohl kaum ein anderes Wort dermassen genau das beschreibt, worunter die Bewohnerinnen und Bewohner von Gazastadt derzeit zu leiden haben.

Wenigstens erfolgte in den Mittagsnachrichten von Radio SRF am 29. August ganz zuletzt noch die Aussage, die Ankündigung der israelischen Regierung, Gazastadt „einzunehmen“ (im Klartext: dem Erdboden gleichzumachen), hätte international für „Kritik“ gesorgt. Mehr Untertreibung ist nun wirklich kaum mehr möglich, ist „Kritik“ doch der denkbar schwächste Ausdruck für jenen millionenfachen Schrei der Empörung, den diese „Ankündigung“, zwar nicht so sehr bei den Regierungen, aber vor allem und umso mehr bei breitesten Bevölkerungsschichten, insbesondere in den Ländern des Globalen Südens, ausgelöst hatte.

Schauen wir uns die Berichterstattung von SRF zu diesem Thema zusammenfassend noch einmal an, so müssen wir zum Schluss kommen, dass es sich hier eigentlich bloss um so etwas wie ein Pressecommuniqué der israelischen Militärführung handelt. Zitiert wird niemand ausser der israelischen Armeeführung (mit den entsprechenden „taktischen“ und „humanitären“ Ausführungen), keine einzige Stimme aus der UNO ist zu hören, keine Stimme aus einer friedenspolitischen Organisation oder einem in Gaza tätigen Hilfswerk, keine Stimme aus einer israelkritischen Regierung, keine Stimme aus der betroffenen Bevölkerung, keine einzige Stimme eines Mannes, einer Frau oder eines Kindes, das vor zwei oder drei Tagen vielleicht noch gelebt hätte und jetzt schon tot ist.

Das also ist die „Objektivität“ westlicher Berichterstattung, am Beispiel des Schweizer Radios SRF am 29. August 2025, die schon so „ausgewogen“ ist, dass sie tendenziöser gar nicht mehr sein könnte. Und erst noch vorgetragen von einer angenehm klingenden Frauenstimme, in genau derselben Tonlage, in der auch die weiteren Meldungen über die Höhe von Spenden an die einzelnen politischen Parteien der Schweiz und die anstehenden Strompreissenkungen im Kanton Zürich verlesen werden.

Was für ein Kontrast zu tatsächlicher „Objektivität“, wenn man sich, bloss um ein einziges Beispiel zu erwähnen, den Bericht eines Schweizer Arztes vor Augen führt, der vor wenigen Tagen von einem Einsatz in Gaza in die Schweiz zurückgekehrt ist: „Ich habe in den zerbombten und vom Hunger heimgesuchten Krankenhäusern gearbeitet und kann von Dingen berichten, die kein Mensch jemals sehen, geschweige denn selbst erleben sollte. Babys und Kinder, die nur noch Haut und Knochen sind, viele mit abgerissenen Gliedmassen. Mütter, die zu schwach sind, um ihre Neugeborenen zu füttern. Sogar das Krankenhauspersonal bricht vor Hunger zusammen. Schaut nicht weg. Wechselt nicht das Thema. Denn in einem anderen Leben könnten auch wir es sein, die vor Bomben fliehen, für Essensreste Schlange stehen und die Welt anflehen, etwas zu tun.“

Ich habe einen Vorschlag an die für die Berichterstattung über internationale Ereignisse Verantwortlichen von Radio SRF: Verzichtet auf „objektive“ Meldungen, die nahezu identisch sind mit Pressecommuniqués rein interessengesteuerter Staaten oder anderer Machtsysteme. Taucht hinunter zu den Menschen, die unter diesen Machtinteressen leiden und ihnen zum Opfer fallen. Ihr werdet sicher einwenden, dass es neben den offiziellen Nachrichtensendungen zur vollen und halben Stunde auch andere Sendegefässe gäbe, die vertiefter hinter die Oberfläche schauen. Und doch bilden sich viele Menschen ihre Meinung in erster Linie durch die Kurznachrichten zu den Haupttageszeiten und haben meist auch zu wenig Zeit, um sich ausführlichere Reportagen anzuhören.

Der oben zitierte Bericht des aus Gaza zurückgekehrten Schweizer Arztes mag als Beispiel dienen für einen Text, der auch im Rahmen von „Hauptnachrichten“ einen Platz finden könnte. Und dann bitte nicht von einer allzu „angenehmen“ Stimme lesen lassen, ohne jegliche Emotion. Warum sollte persönliche Betroffenheit nicht auch zum Ausdruck kommen dürfen? Warum sollte nicht auch einmal ein Moderator oder eine Moderatorin beim Lesen solcher Berichte in Tränen ausbrechen, und weshalb sollte ihr vielleicht nicht auch mal die Stimme versagen? Und wie wäre es, solche Sendungen nicht nur in sterilen Räumen ohne auch nur geringste „Nebengeräusche“ aufzunehmen, sondern wenn man stattdessen im Hintergrund den Lärm von Bombardierungen, Gewehrschüssen oder Schreien verzweifelter Menschen hören würde?