Wahlen in der ehemaligen Sowjetrepublik Moldau: Die westlichen Medien werden immer unverschämter…

„Moskau zieht uns zurück in die Grauzone“, so der Titel eines Artikels in der Schweizer Gratiszeitung „20minuten“ vom 28. September 2025 zu den bevorstehenden Parlamentswahlen in der ehemaligen Sowjetrepublik Moldau. Die Ex-Sowjetrepublik, so ist zu lesen, „steht vor einem Zukunftsentscheid: Russland oder Europa“. Diese Wahlen, so wird die proeuropäische Regierungspräsidenten Maia Sandu zitiert, würden darüber entscheiden, ob „wir unsere Demokratie festigen und der EU beitreten oder ob Russland uns zurück in eine Grauzone zieht und uns zu einem regionalen Risiko macht“. Die proeuropäische Regierung von Maia Sandu, so „20minuten“, wolle das Land bis 2028 in die EU führen. Russland halte dagegen und versuche mit „Desinformation, Stimmenkauf und Störmanövern, den prowestlichen Kurs des Landes zu unterdrücken“. Sollten am 29. September die prorussischen Kräfte gewinnen, so Maia Sandu, drohe nicht nur ein „Ende des bisherigen Reformkurses des Landes“, sondern dies wäre auch ein „geopolitischer Rückschlag weit über Moldau hinaus“. Hinweise auf eine russische Einflussnahme auf diese Wahlen gäbe es „en masse“, so „20minuten“. So hätte eine Recherche der BBC ein „Netzwerk“ aufgedeckt, das eine „gefälschte Umfrage zu politischen Präferenzen verbreitet“ hätte. Mithilfe eines „verdeckten Reporters“ hätte man herausgefunden, dass das Netzwerk „dafür bezahlt“ hätte, dass „prorussische Propaganda und Fake News gestreut und so die proeuropäische Regierungspartei untergraben“ werde. Auch der Politologe Valeriu Pasa spreche von einer „massiven Desinformationskampagne“ Russlands. So habe er mit seiner Organisation Watchdog unter anderem „Online-Falschinformationen“ und „andere Manipulationen im Netz“ dokumentiert.

Trotz dieser angeblichen massiven Einmischung Russlands in den Wahlkampf errang die Proeuropäische Regierungspartei in den Tags darauf stattfindenden Wahlen eine Mehrheit von 50,1 Prozent der Stimmen, während sich der prorussische Patriotische Block mit 24,2 Prozent zufrieden geben musste. Die westliche Presse jubelte: Gerade noch mal gut gegangen, die Demokratie gerettet…

Doch was war tatsächlich daran, an diesen zahlreichen „Störmanövern“, den massiven „Desinformationskampagnen“, dem „Stimmenkauf“, den „gefälschten Umfragen“ und den „Manipulationen im Netz“, mit denen Russland versucht haben soll, auf diese Wahlen dermassen massiv Einfluss zu nehmen, um sie nach seinen Gunsten zu drehen?

Ich konsultiere fünf für die westlichen Medien repräsentative Presseorgane: n-tv, taz, ZDF, Welt und den schweizerischen Tagesanzeiger, alle am 29. bzw. 30. September 2025…

N-tv berichtet, „trotz Störfeuern und massivem Druck aus Moskau“ habe die Proeuropäische Regierungspartei die Wahlen in Moldau „klar gewonnen“.

Taz zitiert in ihrem Bericht die bisherige und wiedergewählte proeuropäische Präsidentin Maia Sandu mit folgenden Worten: „Wir haben der Welt gezeigt, dass wir ein Land mit mutigen und stolzen Bürgern sind. Moldau zeigt uns heute, dass man vor Russland nicht einknicken darf, sondern sich verteidigen und siegen kann.“ Diese Wahlen, so taz, seien eine „Schicksalsentscheidung über die verarmte Ex-Sowjetrepublik an der strategischen Schnittstelle zwischen Rumänien und der Ukraine“ gewesen. Der Kreml habe angesichts der Bedeutung dieser Wahlen „erhebliche Mittel in Stimmenkauf, Desinformation und Social-Media-Kampagnen investiert.“

ZDF zitiert ebenfalls die Regierungspräsidentin Maia Sandu, die „Russlands massive Einflussnahme auf diese richtungsweisende Wahlen“ kritisiert habe und Moskau vorwerfe, „durch Desinformation und Stimmenkauf“ in die Wahlen eingegriffen zu haben. Auch der nationale Sicherheitsberater Stanislaw habe gesagt, es habe „Cyberangriffe auf die Wahlinfrastruktur sowie gefälschte Bombendrohungen in Wahllokalen“ gegeben.

Auch die „Welt“ beruft sich in ihrer Berichterstattung ausschliesslich auf Maia Sandu, die per Facebook mitgeteilt hätte, es habe zahlreiche Berichte gegeben, wonach „Wähler illegal zu Wahllokalen im Ausland gebracht worden“ seien. Das sei „offensichtlich gegen Geld passiert“. Zudem seien „mutmasslich unausgefüllte Stimmzettel aus Wahlurnen entfernt“ worden, damit sie später „bereits gestempelt“ hätten abgegeben werden können.

Ebenso zitiert der schweizerische Tagesanzeiger Maia Sandu mit den Worten, Russland habe sich „massiv eingemischt“. Zudem hätte die Nichtregierungsorganisation Promo-Lex von „254 bestätigten Vorfällen“ berichtet, bei denen „unter anderem unbefugte Personen in Wahllokalen erschienen“ seien oder „Wählerinnen oder Wähler Aufnahmen von ihrem Stimmzettel gemacht“ hätten.

Wenn alle das Gleiche schreiben, so denkt sich nun wohl der geneigte Leser, die geneigte Leserin, muss es ja wohl so sein. Es können sich ja nicht alle irren. Und doch bleibt bei mir ein ungutes Gefühl zurück. Erstens, weil in fast jedem dieser Artikel immerhin doch kurz, meistens zwar nur in einem einzigen Satz, darauf hingewiesen wird, dass Russland sämtlicher dieser Vorwürfe einer Einflussnahme wiederholt dementiert habe. Zweitens, weil in allen diesen Artikeln ausschliesslich westliche Politikerinnen und Politiker, allen vorab Maia Sandu, die proeuropäische Regierungspräsidentin Moldaus, zitiert wird, nie aber eine Sprecherin oder ein Sprecher der russischen Seite. Und drittens, weil viele der scheinbaren Tatsachen mit den Begriffen „mutmasslich“ oder „möglicherweise“ versehen sind, was auf verdächtige Weise aktuell gerade an die zahlreichen „Drohnensichtungen“ über NATO-Ländern erinnert, von denen manchmal innerhalb des gleichen Satzes ihre russische Herkunft nicht im Geringsten in Frage gestellt wird, gleichzeitig aber eingeräumt wird, dass es noch nicht eindeutig geklärt sei, wer und weshalb diese grosse Zahl von Drohnen überhaupt in die Luft geschickt würden. Fake News? False-Flag-Actions? Wem kann man da noch wirklich glauben?

Aber ja, eine wirklich überzeugende Gegendarstellung zu den Behauptungen massiver russischer „Beeinflussung“ und russischer „Störmanöver“ habe ich trotz längerem Recherchieren noch nicht gefunden.

Bis ich auf einen Artikel der Berliner Zeitung vom 29. September 2025 unter dem Titel „So beeinflusst die EU Wahlen und erpresst euroskeptische Länder“ stosse. Und siehe da, auf einen Schlag bestätigen sich alle meine Vermutungen und alle meine Skepsis. Denn die Berliner Zeitung ist alles andere als ein antiwestliches Hetzblatt, sondern schlicht und einfach von Journalisten gemacht, die, statt einfach anderen alles abzuschreiben, offensichtlich noch selbstbestimmt und unabhängig ihre eigenen Recherchen vorzunehmen…

„Das moldauische Volk hat das Recht, ohne äussere Einmischung über seine eigene Zukunft zu entscheiden“, erklärte die EU-Aussenbeauftragte Kaja Kallas vor einem Monat während einer Pressekonferenz des EU-Moldau-Assoziationsrats. Um dieses Recht zu wahren, hat sich die EU jedoch massiv in die jüngsten Wahlen in Moldau eingemischtBei der Parlamentswahl am Sonntag erzielte die proeuropäische Partei der Aktion und Solidarität (PAS) unter der Führung von Maia Sandu nach Auszählung nahezu aller Stimmen 50,1 Prozent. Der prorussische Patriotische Block kam auf 24,2 Prozent. Kurz vor den Wahlen kam es zu zahlreichen Razzien und Gerichtsurteilen, die zum Ausschluss von zwei kremlnahen Parteien führten… Auch in Rumänien erklärte das Verfassungsgericht in Bukarest, nachdem Ende November 2024 der prorussische Kandidat Calin Georgescu die erste Wahlrunde gewonnen hatte, kurz vor der Stichwahl das Ergebnis aufgrund angeblicher Unregelmässigkeiten bei der Wahlkampffinanzierung für ungültig. Der Vorwurf: Russland habe sich in den Wahlprozess eingemischt – handfeste Beweise fehlen bis heute. Schliesslich trat der proeuropäische Kandidat Nicusor Dan als Sieger hervor und wurde Präsident von Rumänien... In Moldau zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Die prorussischen Parteien Herz Moldaus und Moldova Mare sowie der Wahlblock Alternative wurden nur zwei Tage vor der Wahl von der Zentralen Wahlkommission, dem Justizministerium und Gerichten ausgeschlossen, wegen angeblicher illegaler russischer Finanzierungen in Millionenhöhe, Wählerbestechung, Verbindungen zur verbotenen Sor-Partei und „Desinformationskampagnen“ in den sozialen Medien. Konkrete Beweise wurden bisher jedoch nicht öffentlich gemacht. Dennoch kam es unmittelbar vor den Wahlen zu zahlreichen Verhaftungen... Die Wahl ist nun Geschichte, und der „Gewinner“ ist Europa – oder vielmehr die Europäische Union. „Unsere Tür ist offen“, schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Bluesky und gratulierte Moldau zum Wahlausgang: „Wir werden ihnen bei jedem Schritt Seite an Seite stehen.“ Das Land hat 2024 offiziell den EU-Beitritt eingeleitet. Der Wunsch Brüssels ist unmissverständlich: „Europa ist Moldau. Moldau ist Europa“, sagte EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola... Doch ist das nicht auch eine Form ausländischer Einflussnahme? Schliesslich stellt die EU zunehmend Mittel für NGOs und Medien in osteuropäischen und EU-skeptischen Ländern zur Verfügung, um ihre Agenda voranzutreiben. Bislang jedoch wurde kein proeuropäischer Kandidat aus den Wahlen ausgeschlossen oder verhaftet... Brüssel versprach Moldau unter anderem einen „Wachstumsplan“ im Wert von 1,8 Milliarden Euro, jedoch nur, wenn die Regierung die EU-Bedingungen erfüllt. Darüber hinaus wurden EU-Steuergelder in Höhe von 200 Millionen Euro als „Verteidigungshilfe“ gegen Russland bereitgestellt. Am 4. September zahlte die EU-Kommission 18,9 Millionen Euro aus dem „Wachstumsplan“ aus. Die EU investiert ausserdem Millionen von Euro in den Osten Europas, um gegen „Desinformation“ vorzugehen und Medien sowie Journalismus-Projekte zu fördern. Im Rahmen des Programms EU4Independent Media (EU4IM) hat die EU zwischen 2022 und 2025 fast acht Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um Medien in der Ukraine, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Belarus und Moldau zu unterstützen. Ziel des Programms ist es unter anderem, „unabhängige Medienorganisationen“ im Kampf gegen „russisch geprägte Fehlinformationen“ zu stärken... Mitte September entsandte die EU-Kommission ein „Rapid Response Team“ nach Moldau, das gegen „russische Desinformation“ und „Wahlmanipulation“ vorgehen sollte. „Wir haben kürzlich ein Expertenteam entsandt, um Moldau im Kampf gegen ausländische Einmischung zu unterstützen“, erklärte die EU-Aussenbeauftragte Kaja Kallas im Vorfeld. Oder, präziser gesagt, um sich selbst in die Wahlen direkt aus Brüssel einzumischen... Nordnews, das Nachrichtenportal, das die Vorwürfe der „russischen Einflussnahme“ bei der Parlamentswahl in Moldau zuerst hervorgebracht hat, wird ebenfalls von der Europäischen Union mitfinanziert.

Und ja. Heute traf ich mich mit Freunden zu einem Bier. Alles Leute, die man als „gebildet“ und „belesen“ bezeichnen könnte und die nicht grundsätzlich alles blindlings glauben, was man ihnen vor die Nase setzt. Und doch war ich der Einzige in der Runde, der im Zusammenhang mit den Wahlen in Moldau nicht ausschliesslich von Beeinflussung und Störmanövern durch Russland sprach. Offensichtlich hatte keiner von ihnen die Berliner Zeitung gelesen. Wäre ja auch purer Zufall gewesen.

Die westlichen Medien werden immer unverschämter. Einst war der Journalismus neben der Legislative, der Exekutive und der Justiz die vierte, unabhängige Gewalt im demokratischen Staat. Tempi passati, heute plappern fast alle Medien das nach, was ihnen von den politischen, ökonomischen und militärischen Machtträgern vorgekaut wird. Der Grund dafür, dass fast alle das Gleiche schreiben, ist nicht, dass es die Wahrheit ist, sondern nur, dass sich alle alles gegenseitig abschreiben und sich schon kaum irgendwer noch die Mühe nimmt, selber und unabhängig der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Und so muss man selber und mit einem Riesenaufwand diese Arbeit leisten, bis man zum Beispiel irgendwann, oder vielleicht auch nicht, auf eine Berliner Zeitung stösst, wie auf eine Nadel im Heuhaufen. Aber kann es denn allen Ernstes die Aufgabe des Einzelnen sein, diese Arbeit mit einem Riesenaufwand an Zeit, die heute ja kaum jemandem in diesem Ausmass noch zur Verfügung steht, zu leisten? Wäre es nicht viel demokratischer, anstelle Dutzender Medienprodukte, die sich praktisch wie ein Ei dem andern ähneln, nur noch eine einzige, dafür umso aufwendiger recherchierte Tageszeitung zu haben, in der zu jeder Darstellung der einen Seite zwingendermassen immer auch eine gleichgewichtete Gegendarstellung der anderen Seite zu lesen wäre? Denn eigentlich müssten sich ja die einzelnen Bürgerinnen und Bürger ganz frei von jeglichen „Beeinflussungen“ und „Störmanövern“ ihre ganz eigene, selbstbestimmte und fundierte Meinung bilden können…

In diesem Augenblick erinnere ich mich an einen Albtraum, den ich vor vielen Jahren hatte, aber bis heute nicht vergessen konnte. Ich sah zuerst eine Wiese, auf der die Gräser alle in verschiedene Richtungen schauten, als wäre es das Recht oder gar die Bestimmung jedes einzelnen Grases, selber zu entscheiden, nach welcher Seite es sich ausrichten wollte. Doch auf einmal zog ein Sturmwind über den Himmel und wie von Zauberhand gesteuert schauten alle Gräser plötzlich nur noch in eine einzige gleiche Richtung. Es lief mir eiskalt über den Rücken. Erst heute verstehe ich so richtig, was dieser Traum mir sagen wollte: Lasst es nie so weit kommen. Wenn alle Menschen plötzlich gleich denken, nur weil ein unsichtbarer Sturm sie alle in die gleiche Richtung drängt, dann sind die Zeiten nicht mehr gut. Denn das ist die Zeit vor dem Tag, an dem auf einmal so unvorstellbare Dinge wie Krieg wieder denkbar werden. Doch noch ist, dank jeder einzelnen kritischen Stimme, Hoffnung. Erst wenn sich der allerletzte Grashalm verbogen hat, ist es endgültig zu spät.