Der Schweizer Armee fehlen, so berichtet die „NZZ am Sonntag“ vom 4. Juli 2021, derzeit rund 70 Küchenchefs und 150 Truppenköche. Kein Wunder: Zwischen 2010 und 2020 nahm die Anzahl der Kochlehrlinge schweizweit um ein Viertel ab, bei den Metzgerinnen und Metzgern waren es 17 Prozent und bei den Bäckerinnen und Bäckern 9 Prozent. Gleichentags berichtet die „Sonntagszeitung“, dass in chronischen Mangelberufen, bei denen in der Schweiz geborene und geschulte Jugendliche fehlen, zunehmend junge Flüchtlinge in die Lücke springen – „Ein wahrer Segen“, sagt Lehrmeister Marcel Wüest von der Chämi Metzg in Fislisbach AG, „denn wer soll sonst den Job machen?“ In der Tat: Seit 2012 hat sich der Flüchtlingsanteil bei den Fleischfachassistenten versechsfacht. Noch höher ist de Quote bei den Bäckerinnen und Bäckern (14mal mehr als 2012). Vervielfacht haben sich auch die Abschlüsse von Flüchtlingen bei den Hauswirtschaftspraktikerinnen und den Schreinerpraktikern. Längstens bekannt ist auch der hohe Anteil an ausländischen Arbeitskräften in der Gastronomie, der Hotellerie, dem Bau, der Industrie, dem Gesundheitswesen und der Landwirtschaft. Während sich immer mehr Schweizerinnen und Schweizer aus all jenen Jobs zurückziehen, bei denen man sich die Hände schmutzig machen, sich den Rücken kaputtarbeiten muss und erst noch weniger verdient als andere, werden die entstehenden Lücken noch so gerne gefüllt mit willigen, arbeitsamen und bescheidenen Ausländerinnen und Ausländern. Das mag auf den ersten Blick als Win-win-Lösung erscheinen, da die betroffenen Menschen in ihren Heimatländern viel weniger verdienen würden oder überhaupt keine Arbeit hätten. Wenn sich aber, was ja global betrachtet wünschbar wäre, die wirtschaftliche Situation in den betroffenen Herkunftsländern verbessern würde und man auf die bislang ausgewanderten Fachkräfte nicht mehr länger verzichten könnte, dann, spätestens dann, müssten wir erkennen, auf was für dünnem Eis wir diese Wirtschaft, auf die wir so stolz sind und die uns zum reichsten Land der Welt gemacht hat, aufgebaut haben. Dünnes Eis, das auf der irrigen Annahme beruht, es gäbe so etwas wie „wichtige“ und entsprechend gutbezahlte und „unwichtige“, weniger gut bezahlte Jobs. Dünnes Eis, das einem Rechtsanwalt oder einer Universitätsdozentin ungleich viel höhere gesellschaftliche Wertschätzung entgegenbringt als einem Bauarbeiter oder einer Krankenpflegerin. Dünnes Eis, das spätestens dann einbrechen wird, wenn uns alle die willkommenen ausländischen Arbeitskräfte eines Tages den Rücken kehren und wir erkennen müssen, dass auch das schönste Haus ohne gut gebautes Fundament nicht endlos in den Himmel wachsen kann.