Archiv des Autors: Peter Sutter

Neuer Kinofilm „The 355“: Und das war sie dann schon, die Emanzipation der Frau?

 

Am 6. Januar 2022 ist in Schweizer Kinos der Actionfilm „The 355“ angelaufen. Das Besondere daran: Nicht Männer spielen darin die Hauptrolle, sondern fünf hochkarätige Schauspielerinnen, die, so berichtet die „Tagesschau“ am 7. Januar, „ihren männlichen Actionkollegen punkto Knallerei und Prüglerei in nichts nachstehen und damit ganz offensichtlich sämtliche Genderstereotypen kurzerhand eliminieren, und dies mit dem Zweihänder, der Waffe in der Hand.“ In der Tat: „The 355“ macht „James Bond“ alle Konkurrenz. Wie James Bond auf der Jagd nach dem ultimativen Bösewicht, so kämpfen sich die fünf Agentinnen von „The 355“ auf der Suche nach einer Cyberwaffe bisher ungekannter Zerstörungskraft durch jedes noch so heimtückische Hindernis, angefangen von einer Verfolgungsjagd quer durch Paris, zu Fuss und per Motorrad, durch enge Strassen zwischen umgeworfenen Postkartenständern und Bistrotischen, quer über den Fischgrossmarkt mit spektakulärem Showdown zwischen Kühltruhen, auf Eis gelagerten Schwertfischen und Transportschiffen, und so weiter, von Paris über Marokko bis Shanghai. Doch ist das schon alles? Eigentlich habe ich mir unter der Emanzipation der Frau und der Überwindung bisheriger Genderstereotypen etwas anderes vorgestellt. Oder können wir uns ernsthaft damit zufriedengeben, dass die Frauen bloss in die Rollen schlüpfen, die bisher den Männern vorbehalten waren, um nun einfach noch einmal die gleichen Geschichten nachzuspielen, die schon tausendmal gespielt worden sind? Müssten echte Emanzipation, echter gesellschaftlicher Fortschritt und echte Überwindung traditioneller Geschlechterrollen nicht darin bestehen, Filme dieser Art schon gar nicht mehr zu drehen? Generationen haben sich über sinnlose Autowettrennen auf endlosen Highways in der Abendsonne, über immer ausgeklügeltere Waffen, Roboter und Unterseeboote, über mit Maschinengewehrsalven niedergemähte Gangsterbanden, über durch klirrende Fensterscheiben fliehende Bösewichte und über meterweit herumspritzendes Blut halb zu Tode amüsiert. Wäre es nicht an der Zeit, langsam erwachsen zu werden? Gut, immerhin retten am Ende des Films die fünf Agentinnen, wie löblich, die Erde vor dem Dritten Weltkrieg. Doch hätte es da nicht auch noch ein paar andere, kreativere und vielleicht sogar realistischere Möglichkeiten gegeben? Hätten die fünf Agentinnen, statt sich gegenseitig Motorräder, Tiefkühltruhen und Postkartenständer um die Köpfe zu schlagen, ihre Energie, ihre Tatkraft, ihr Geschick und ihre Intelligenz nicht auch darauf verwenden können, um eine internationale Konferenz für Frieden und Abrüstung ins Leben zu rufen, zu der Frauen aus allen Ländern der Welt eingeladen worden wären? Das wäre nicht spannend genug gewesen? Und ob! Die Widerstände und Hindernisse, die den fünf Frauen entgegengeschlagen hätten und wie sie damit umgegangen wären, was eine solche Bewegung weltweit ausgelöst hätte, wie der Dritte Weltkrieg dadurch vielleicht tatsächlich hätte verhindert werden können – kein noch so spannender Actionfilm, keine noch so wilde Motorradjagd, keine noch so weit in die Höhe fliegende Tiefkühltruhe könnten ein solches weltweites Friedensprojekt auch nur annähernd an Spannung überbieten. Aber ja, das würde wahrscheinlich viel weniger Geld in die Kinokassen und an die grossen Filmkonzerne spülen. Und so werden wir halt bescheiden, lassen die Postkartenständer und die Schwertfische weiterhin sausen und wähnen uns nur schon deshalb allzu gerne in einer besseren Welt, weil jetzt nicht mehr die Männer, sondern die Frauen mit der Waffe in der Hand auf die nimmermüden Bösewichte losballern…  

Der Wirbel um Novak Djokovic: Bloss die Folge eines unbegreiflichen, ausser Rand und Band geratenen Nationalismus?

 

Wer die serbische „Krawallpresse“ lese, so schreibt der „Tagesanzeiger“ vom 8. Januar 2022, wähne sich kurz vor einem „Weltkrieg“. Und dies schlicht und einfach nur deshalb, weil dem serbischen Tennisstar Novak Djokovic aufgrund eines fehlenden Impfausweises die Einreise nach Australien verweigert worden ist. Djokovic als Märtyrer, als Opfer einer Weltverschwörung – sein Vater ging gar so weit, ihn mit Jesus zu vergleichen, der ebenfalls gekreuzigt worden sei. Allerdings, so räumt der „Tagesanzeiger“ ein, habe die „nationalistische Aufwallung“ wohl auch mit „verletztem Nationalstolz“ zu tun und mit der permanent von der Staatsmacht wiederholten „Mär“, der Westen habe in den 1990er-Jahren ein unschuldiges Volk angegriffen. „Solch krude Ansichten“, so der „Tagesanzeiger“, „verunmöglichen eine ernsthafte Vergangenheitsbewältigung“. Mär? Krude Ansichten? So einfach sollte man es sich nicht machen, sonst läuft man Gefahr, der gleichen Zuspitzung, Vereinfachung und Schuldzuweisung zu verfallen, die man so gerne der Gegenseite zum Vorwurf macht. Blenden wir zurück: Ab 1989 nehmen die Spannungen zwischen den Teilrepubliken der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien immer mehr zu. Dabei geht es auch um Fragen der Ökonomie und des finanziellen Ausgleichs zwischen den verschiedenen Regionen. Die reichen Regionen wie Slowenien und Kroatien kündigen ihre finanzielle Unterstützung der ärmeren Regionen wie Bosnien, Herzegowina, Mazedonien, Montenegro und Serbien auf, diese wiederum sehen sich dadurch existenziell bedroht. Gleichzeitig mit den Autonomiebestrebungen der einzelnen Teilrepubliken wächst der Nationalismus, das Trennende bekommt gegenüber dem bis anhin Verbindenden immer mehr Gewicht. Bis die schwelenden Konflikte in offene Kriege umschlagen, in denen sich die Streitkräfte der Teilrepubliken und die jugoslawische Volksarmee unter Führung der Serben unversöhnlich gegenüberstehen. Es beginnt 1991 mit dem Slowenienkrieg und geht weiter mit dem Kroatienkrieg 1991-1995 und dem Bosnienkrieg 1992-1995. Wie tief der Graben zwischen den verschiedenen Volksgruppen mittlerweile geworden ist, zeigt sich in der Aussage des späteren kroatischen Staatspräsidenten Tudman, der betont, wie glücklich und stolz er sei, weder mit einer Serbin noch mit einer Jüdin verheiratet zu sein. Nach und nach spalten sich die früheren Teilrepubliken Jugoslawiens ab und bilden eigene, autonome Staaten. Auch der Kosovo strebt die Unabhängigkeit von Serbien bzw. der nach allen Abspaltungen noch übrig gebliebenen Bundesrepublik Jugoslawien an, hatte Kosovo doch bereits 1989 infolge einer Änderung der serbischen Verfassung seine früheren Autonomierechte verloren und hatte seither die Diskriminierung der einheimischen Bevölkerung durch die serbische Obermacht kontinuierlich zugenommen. 1992 rufen die Kosovoalbaner unter Ibrahim Rugova die unabhängige „Republik Kosova“ aus, Rugova ist zunächst bestrebt, die Autonomie gewaltlos zu erreichen, aber mit der Zeit beginnen immer mehr Kosovaren am Sinn des gewaltlosen Widerstands zu zweifeln und unterstützen die UÇK, die ab 1997 mit bewaffneten Aktionen gegen die serbische Polizei in Erscheinung tritt. Die gegenseitige Gewalt nimmt laufend zu. Und dies ist der Augenblick, in dem die westliche Militärmacht unter Führung der USA in einer Art und Weise in den Jugoslawienkrieg eingreift, wie sie dies nur gegenüber Serbien getan, niemals aber gegenüber einer anderen Volksgruppe in diesem Konflikt auch nur je erwogen hätte. Wenn sich Serbinnen und Serben heute noch immer als „Opfer der Geschichte“ sehen, so sind das weder „krude Ansichten“, noch handelt es sich um eine „Mär“, sondern es ist bitterernste, knallharte, tödliche Realität: Am 24. März 1999 beginnen, notabene ohne völkerrechtliche Grundlage, die Luftanschläge der NATO auf mehrere serbische Provinzen, daran beteiligt sind U-Boote in der Adria, von B-52-Bombern abgefeuerte Marschflugkörper und von verschiedenen Basen gestartete Kampfflugzeuge. Schon in der ersten Kriegsnacht werden mehrere Chemiewerke bombardiert, grosse Mengen giftiger und krebserregender Stoffe treten aus. Ärzte raten schwangeren Frauen zur Abtreibung und für zwei Jahre zur Vermeidung von Schwangerschaften. In den folgenden Wochen werden auch Gebäude des Serbischen Rundfunks angegriffen. Ebenfalls wird der Belgrader Fernsehturm zerstört. Ein weiteres wichtiges Angriffsziel ist die Stromversorgung, eine grössere Anzahl von Umspann- und Wärmekraftwerken werden bombardiert. Zahlreiche Strassen und Brücken, Spitäler und Verwaltungseinrichtungen, rund 300 Schulen und 176 Kulturdenkmäler werden beschädigt oder zerstört. Als der Krieg am 10. Juni 1999 zu Ende ist, meint ein Kommentator des Schweizer Fernsehens in der Tagesschau: „Serbien wurde um 40 Jahre zurückbombardiert.“ Und das soll keine Wunden schlagen? Ein so gedemütigtes Volk soll einfach mir nichts dir nichts wieder zur Tagesordnung übergehen? Da soll man nicht anfällig sein für übertriebene Vaterlandsliebe? Wer heute über das serbische Volk und über Novak Djokovic den Kopf schüttelt, müsste mindestens so sehr den Kopf schütteln über diesen beispiellosen Militärschlag im Frühjahr 1999, mit dem kein einziges jener Probleme, mit denen er begründet wurde, tatsächlich gelöst, sondern nur unendlich viele neue geschaffen wurden. Das Mindeste wäre genau das, was der „Tagesanzeiger“ fordert, nämlich eine konstruktive „Vergangenheitsbewältigung“. Nur kann man wohl nicht allen Ernstes vom serbischen Volk alleine die Bewältigung einer so traumatischen, bis heute nachwirkenden Demütigung erwarten. Die Vergangenheitsbewältigung müssten vor allem jene betreiben, die einen völkerrechtswidrigen Krieg vom Zaun gerissen haben und nichts Gescheiteres wussten, als in ein lichterloh brennendes Feuer noch zusätzlich Öl zu giessen. Und ja: Auch Medien wie der „Tagesanzeiger“ müssten sich vor allem um eine sachliche Aufklärung historischer Zusammenhänge bemühen, statt Feindbilder, die sowieso schon genug stark verbreitet sind, noch zusätzlich anzufeuern…

 

  

Die Unsichtbarmachung der Zusammenhänge als Mittel zur kapitalistischen Machterhaltung

 

„Für die Hedgefonds-Manager“, schreibt Nobert Harris in seinem Buch „Endspiel des Kapitalismus“, „war 2020 ein besonders gutes Jahr. Das Vermögen der 25 bestverdienenden Hedgefonds-Manager stieg um insgesamt 32 Milliarden Dollar. Dabei handelt es sich um eine reine Umverteilung. Wenn jemand mit Finanzjonglage in einem Jahr eine Milliarde verdient, dann bezahlt das jemand. Um die 32 Milliarden Dollar für diese zwei Dutzend Menschen zusammenzubringen, müssen 32 Millionen Menschen je 1000 Dollar in den Topf werfen.“ Harris zeigt eindringlich, dass jener Reichtum der Reichen, der in der heutigen Zeit immer unverschämtere Ausmasse annimmt, weder geschenkt noch ehrlich verdient wird, sondern von anderen Menschen hart erarbeitet werden muss. Er widerlegt damit die immer noch tief verbreitete Lüge, wonach Reichtum stets ehrlich verdient werde, oder, noch dreister, dass Reichtum stets auch den Armen zugute käme. Das Geheimrezept des Kapitalismus beruht darauf, dass diese permanente Umverteilung von den Armen zu den Reichen systematisch unsichtbar gemacht wird. Durch ein nach aussen scheinbar „legales“ Weltsystem unaufhörlichen Räubertums, versteckt hinter sekundenschnellen Finanztransaktionen, digitalen Netzen, Algorithmen und dicken Mauern von Banken und Finanzinstituten, wo das eigentliche Verbrechen unsichtbar bleibt und deshalb nicht als das Verbrechen wahrgenommen wird, das es tatsächlich ist. Würden Tag für Tag vor unserem Fenster pausenlos Eisenbahnwagons voller Goldbarren vorbeidampfen, aus den Wüsten des Elends kommend und in die fernen Paradiese der Reichen donnernd, dann würde wohl ein millionenfacher Aufschrei rund um die Welt gehen, so aber bleibt alles stumm. Doch nicht nur was die Geldflüsse betrifft, auch alle anderen Formen kapitalistischer Ausbeutung beruhen darauf, dass ihre Zusammenhänge und Auswirkungen unsichtbar sind und daher auch keinen weltweiten Aufschrei auslösen. Würden die Spielpuppen unter dem Weihnachtsbaum das Wehklagen kaputtgearbeiteter Fabrikarbeiterinnen aus sich herausschreien, würde man jedes Mal, wenn man auf seinem Teller in ein Stück Fleisch hineinschneidet, die Todesangst des Tieres vor seiner Schlachtung verspüren, und sähe man beim Blick in heute noch unversehrte Naturlandschaften stets unmittelbar auch all die verwüstete, verbrannte oder überschwemmte Erde in zehn oder zwanzig Jahren als Folge unserer heute so verschwenderischen Lebensweise, dann wäre der Kapitalismus wohl schon längst in sich zusammengebrochen. Denn es ist ja nicht so, dass der Mensch kein empfindsames, mitleidvolles Wesen wäre. Er hält es kaum aus, wenn ein geliebter Mensch in seiner Nähe leiden muss, er liebt in der Regel seine Kinder über alles, stirbt sein Hund oder seine Katze, bricht ihm dies fast das Herz. Dies „weiss“ das kapitalistische Machtsystem nur zu genau und setzt daher alles daran, die Verbindungen zwischen Tätern und Opfern im weltweiten System von Ausbeutung und Raubrittertum derart gründlich unsichtbar zu machen, dass nur ja an einer keinen Ecke Gefühle von Mitverantwortung und Mitgefühl entstehen, die für das Machtsystem als Ganzes gefährlich werden könnten. Nun könnte man einwenden, es gäbe da ja noch, als Gegengewicht zu dieser Unsichtbarmachung, die Medien. Doch beteiligen sich diese, so unglaublich dies klingen mag, ihrerseits an der Unsichtbarmachung sämtlicher tiefergehender Zusammenhänge innerhalb des kapitalistischen Macht- und Ausbeutungssystems. Typisches Beispiel ist die allabendliche Tagesschau. Da werden Naturkatastrophen, Regierungswechsel, Flüchtlingsdramen, wirtschaftliche Erfolgszahlen, Berichte über Arme und Obdachlose im Minutentakt aneinandergereiht, so als hätte das eine mit dem anderen nicht das Geringste zu tun. Die Fäden, die Verbindungen, die Zusammenhänge, das gesamte Räderwerk: Fehlanzeige. Der Zuschauer, der auf seinem Sofa sitzt und liebevoll seinen Hund krault, sieht Hunderte von Flüchtlingen an der polnisch-belarusischen Grenze, ohne besonders berührt zu sein. Und selbst wenn ein Gefühl von Mitleid aufgekommen wäre, ist da schon die nächste Meldung, welche ihn in seinen Bann zieht. Und so geht es bei alledem nicht so sehr darum, möglichst gründlich nachzudenken, bisher ungeahnte Erkenntnisse zu gewinnen, Hintergründe aufzudecken, als vielmehr darum, dann, wenn die allabendliche „Informationspflicht“ abgehakt ist, wieder möglichst schnell zur – kapitalistischen – Tagesordnung überzugehen. So werden nicht nur die 25 bestverdienenden Hedgefonds-Manager, sondern auch Millionen weiterer weltweiter Nutzniesser und Profiteure des kapitalistischen Raubrittertums weiterhin ruhig schlafen können, selbst mitten in einer der grössten Gesundheitskrisen aller Zeiten, mitten in einer Welt, die noch nie so tief gespalten war in Arm und Reich, auf einer Erde, die unter eben diesem Raubrittertum so sehr leidet, dass die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen mehr und mehr in Frage gestellt sind. Und doch bleibt Hoffnung. Das Mitleid, die Sehnsucht nach Frieden und Gerechtigkeit, die Liebe – das alles ist nicht ausgestorben, es ist nur zugedeckt, vernebelt, kleingemacht. Um eine Zukunft zu schaffen, in der für alle Menschen über alle Grenzen hinweg ein gutes Leben Wirklichkeit geworden ist, muss das heute noch Unsichtbare sichtbar werden, braucht es eine schonungslose Aufdeckung und Offenlegung aller dieser wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhänge, die heute noch im Dienste der Machterhaltung des Kapitalismus unter den Tisch gewischt werden. Hierfür muss man die Menschen nicht künstlich zu etwas zwingen, sondern, ganz im Gegenteil, sie zum Besten und Wertvollsten ihrer selbst ermutigen und befreien, durch die Werkzeuge der Liebe und der Wahrheitsfindung. Dann wird die Welt zweifellos möglicherweise schon bald nicht mehr die Gleiche sein, die sie einmal gewesen ist. 

Ja zum Medienpaket am 13. Februar 2022: Denn die Medien sind die „Lebensversicherung der direkten Demokratie“

 

Ich liebe meine Lokalzeitung. Doch schon ist sie wieder ein paar Seiten dünner geworden. Und ich weiss: Sie kämpft ums Überleben. Seit Jahren schwinden die Einnahmen aus Inseraten, als Folge der sinkenden Anzahl von Abonnentinnen und Abonnenten. Weniger Einnahmen aus Inseraten, weniger Einnahmen von Abonnenten, das zwingt zu Sparmassnahmen: Abbau beim Personal, weniger Ressourcen für aufwendige Recherchen. Die Folge: ein Qualitätsverlust, der sich in einer weiteren Reduktion der Anzahl Abonnentinnen und Abonnenten und demzufolge in noch geringeren Einnahmen aus Inseraten niederschlägt. Ein Teufelskreis. 70 Zeitungen schweizweit haben diesen Kampf in den vergangenen Jahren bereits aufgegeben, die anderen konnten sich knapp über Wasser halten, aber zu was für einem Preis: Unter dem Druck schwindender Werbeeinnahmen müssen laufend Stellen abgebaut werden, bis anhin beispielhafte Korrespondentensetze werden drastisch redimensioniert, zeitaufwendige Recherchen bleiben auf der Strecke, bisher voneinander unabhängige Medienhäuser werden fusioniert und deren Redaktionen zusammengelegt, die traditionelle Vielfalt an Meinungen und Kommentaren unterschiedlicher Blätter weicht zunehmend einem Einheitsbrei, unter dem wachsenden Zeit- und Spardruck verzichten immer mehr Zeitungen auf eigene, unabhängige Publikationen und schreiben sich nicht selten sogar ihre Texte gegenseitig ab. Und dies alles als Folge des verhängnisvollen Grundirrtums, wonach auch die Vermittlung von Informationen, wie jedes kapitalistische Produkt vom Gipfeli über die Zahnpasta bis zum Staubsauger rentieren müsse. Vogel friss oder stirb. Was keinen Gewinn abwirft, hat keine Daseinsberechtigung. Es ist diese unselige Verquickung zweier Dinge, die in den gleichen Topf geworfen werden, im Grunde aber nichts miteinander zu tun haben: auf der einen Seite der Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf umfassende, seriöse Information mit möglichst vielen Hintergrundfakten als Grundlage für eine funktionierende Demokratie, auf der anderen Seite der Anspruch des Kapitals auf seine Selbstvermehrung, koste es, was es wolle. Das geht dann im Extremfall so weit wie bei der Online-Ausgabe von „20Minuten“, wo die redaktionellen Richtlinien vorschreiben, dass es bei einem Artikel nicht so sehr auf den Informationsgehalt ankomme, sondern einzig und allein darauf, wie viele Klicks er generiere. Sehr zum Leidwesen der dort arbeitenden Redaktoren und Journalistinnen, von denen sich einige mittlerweile sogar weigern, ihren Namen unter einen Artikel zu setzen, mit dem sie sich gar nicht identifizieren können und den sie nur deshalb geschrieben haben, um damit möglichst viele Klicks zu erzielen. Die Veränderungen in der Medienlandschaft widerspiegeln einen gesamtgesellschaftlichen Trend und zeigen sich auf besonders drastische Weise beispielsweise auch im Gesundheitswesen, wo ebenfalls zwei Dinge, die nichts miteinander zu tun haben, in den gleichen Topf geworfen werden: der Anspruch der Menschen auf Gesundheit auf der einen Seite und der Anspruch, das Gesundheitssystem solle ein möglichst rentables Geschäft sein, auf der anderen. So wie das Gesundheitswesen, gehören auch die Medien nicht in den Sektor kapitalistischer Gewinnmaximierungslogik, sie gehören, wie die Schule, die Müllabfuhr und die Versorgung mit Wasser und Elektrizität, in den Sektor des Service public – als Grundpfeiler für die Demokratie, die ohne sie nicht existieren kann. 100 Millionen Franken jährlich als Unterstützung aus dem Staatshaushalt an die Medien sind ja gut und recht, werden die Erosion und die Kannibalisierung der Medienlandschaft aber nicht dauerhaft aufhalten können. Es braucht mehr als das. Es braucht einen radikalen Paradigmenwechsel. Denn, wie es die zuständige Bundesrätin Simonetta Sommaruga so treffend auf den Punkt brachte: „Medien sind die Lebensversicherung der direkten Demokratie.“ Deshalb sollten wir am 13. Februar zum Gesetz über ein neues Medienpaket nicht nur einmal, sondern doppelt und dreifach ja sagen – im Bewusstsein, dass dies nicht das Ende, sondern nur der Anfang sein kann einer gesamtgesellschaftlichen Debatte darüber, welche Wirtschaftssegmente sinnvollerweise weiterhin der kapitalistischen Gewinnmaximierungslogik unterworfen bleiben und welche von ihr zum Wohle des Ganzen befreit werden sollten.

120’000 Franken pro Woche für eine Villa am „besten Ort der Erde“

 

„Der beste Ort auf Erden“ – dies der Titel einer Reportage im „Tagesanzeiger“ vom 5. Januar 2022. Der beste Ort auf Erden – das ist Verbier im Kanton Wallis, wo sich wohlhabende Britinnen und Briten in eine „coronafreie“ Luxuswelt zurückgezogen haben, fernab von ihrem Heimatland, wo die Infektionszahlen wieder mal so richtig in die Höhe schiessen. Der „Tagesanzeiger“ berichtet von zwei Familien, die soeben im Privatjet in Genf gelandet sind und nun in Verbier erwartet werden. Der 25-Meter-Pool im Souterrain ist gereinigt, die Böden aus Walliser Granit desinfiziert und poliert. Und Privatkoch Joe bereitet zum Nachtessen ein mit Trüffeln versetztes Roasted Chicken vor. Luxus pur, für 120’000 Franken pro Woche. – Schärfer denn je zuvor hat die Coronapandemie die ganze Brutalität und Perversion der kapitalistischen Klassengesellschaft entlarvt. Während Abertausenden schlecht verdienenden Arbeiterinnen und Arbeitern gar nicht anderes übrig bleibt, als sich auch unter widrigsten Umständen weiterhin abzurackern, begleitet von der ständigen Angst, sich und ihre Familien mit einem gefährlichen Virus anzustecken, steigen ihre gutbetuchten Landsleute der Oberklasse in ihre Privatjets und finden am „besten Ort auf Erden“ ihre sichere Zuflucht. Doch das ist erst die eine Seite der Geschichte. Die andere ist, dass diese Reichen und Privilegierten ausschliesslich auf eine schier endlose Zahl wiederum anderer Arbeiterinnen und Arbeiter angewiesen sind, um dieses Leben am „besten Ort auf Erden“ überhaupt führen zu können. Wer hat das Poulet, das heute Abend serviert werden wird, gezüchtet, geschlachtet und präpariert? Wo wurden die Gewürze, die Koch Joe verwendet, um das Mahl möglichst schmackhaft zu machen, geerntet, wer hat sie sortiert, gewaschen, verpackt, von wem wurden sie transportiert, wer steuerte das Schiff, von wem wurden sie umgeladen und weitertransportiert? Wer sorgt dafür, dass das Wasser für den Swimmingpool stets sauber und in genügender Menge zur Verfügung steht, wer baute die Rohrleitungen und wer repariert sie, wenn sie kaputtgegangen sind? Wer kümmert sich um die Elektrizität, mit der gekocht, gewaschen, beleuchtet und das Warmwasser aufbereitet wird, wer baute unter Lebensgefahr die Staudämme, die Hochspannungsmasten, wer spannte die Leitungen und woher kamen das Eisen, der Stahl, der Beton und alle anderen Materialien, die es hierfür brauchte? Wer bäckt frühmorgens das Brot, das zum Frühstück auf dem Tisch stehen wird, und wer hat die Butter hergestellt, wer hat die Himbeeren geerntet und wer hat sie später zur Konfitüre weiterverarbeitet? Wer hat tief in der Nacht die Skipiste präpariert, auf der am nächsten Tag die Familien aus England zu Tale sausen werden, und wer hat die Skilifte, die Gondelbahnen, die Bergrestaurants und die Pistenfahrzeuge gebaut? Eigentlich müsste auf jedem Gegenstand des täglichen Gebrauchs die gesamte Geschichte seiner Herstellung aufgezeichnet sein, um uns stets ins Bewusstsein zu rufen, dass jeder Konsum und jeder Profit am einen Ende der Kette nur möglich ist dank der Arbeit unzähliger Arbeiterinnen und Arbeiter. Doch der Kapitalismus hat alle diese Fäden zerrissen, indem Arbeit, Produktion, Konsum und Profit über die ganze Welt hinweg so weit voneinander getrennt wurden, dass man keinem Produkt mehr ansieht, wie viel Anstrengung, wie viel Schweiss, wie viele Schmerzen und wie viel Leiden notwendig waren, um es herzustellen. Nun war dies alles freilich auch schon vor der Coronakrise nicht anders. Anders ist nur, dass der Graben zwischen denen, die vor allem profitieren, und denen, die vor allem leiden, noch viel grösser geworden ist, als er schon war. Doch genau darin könnte auch eine Chance liegen: Dass die Gegensätze so himmelschreiend  und so unübersehbar geworden sind, dass nun eigentlich kein vernünftiger Mensch mehr länger zur Tagesordnung übergehen könnte. Dass uns die Coronapandemie die Augen geöffnet hat für Dinge, die wir früher zu oft übersehen haben. Dass die Welt nach Corona nicht mehr die gleiche sein wird wie zuvor und dass es nicht mehr möglich sein wird, dass es Menschen gibt, die sich für 120’000 Franken pro Woche eine Villa am „besten Ort der Erde“ leisten können. Weil der beste Ort auf Erden nicht mehr Verbier, Dubai oder Palm Beach sein wird, sondern jeder Ort der Erde der beste sein wird.

Ist der Mensch gut oder böse?

 

Ist der Mensch gut oder böse? Wir haben es uns zur Angewohnheit gemacht, Fragen solcher Art den Wissenschaftlerinnen, Philosophen oder Religionsführern zu überlassen. Dabei hat wohl schon jedes Kind, wenn man es fragen würde, dazu eine Meinung. Man muss es den Menschen nur zutrauen, dass sie das selber beurteilen können und dafür nicht irgendwelche „Experten“ brauchen. Es ist nämlich eine ganz simple Erfahrung: Kein Mensch käme auf die Idee, in einem Kind im Augenblick seiner Geburt einen potentiellen Gewalttäter, eine Verbrecherin oder einen Mörder zu erkennen. „Der Mensch ist gut und will das Gute“, sagte der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi, „und wenn er böse ist, so hat man ihm den Weg verrammelt, auf dem er gut sein wollte.“ Den gleichen Gedanken äusserte der Freiheitskämpfer und späterer Präsident Südafrikas, Nelson Mandela, der 30 Jahre seines Lebens im Gefängnis verbrachte und allen Grund gehabt hätte, in den Menschen vor allem das Böse zu sehen: „Niemand wird geboren, um andere Menschen zu hassen. Dem Menschen wird Hass beigebracht, und wenn Hass gelehrt werden kann, kann das auch die Liebe.“ Die Behauptung, der Mensch sei von Natur aus böse, schlecht oder gar „sündig“, ist eine verheerende Lüge, welche die Grundlage jener beiden grossen Denksysteme bildet, die uns bis heute zutiefst prägen. Auf der einen Seite die christliche Lehre, wonach der Mensch schon in dem Augenblick, da er geboren wird, ein „sündiges Wesen“ ist, das ohne Hinwendung zum christlichen Glauben zu ewiger Verdammnis verurteilt sei. Auf der anderen Seite die kapitalistische Lehre, wonach der Mensch von Natur aus faul und träge sei und deshalb mit einem System aus Zuckerbrot und Peitsche zu nutzbringender Arbeit angehalten werden müsste. In beiden Systemen spielt die Erziehung eine wichtige Bedeutung: Das Kind, faul, träge und sündig, soll durch die „richtige“ Erziehung auf den „richtigen“ Weg gebracht werden, um dereinst als „richtig“ funktionierendes Glied der Gesellschaft dienen zu können. Doch genau dies ist der verhängnisvolle Irrtum. Das Kind ist eben nicht faul, träge und sündig, im Gegenteil: Es ist frei von jedem menschlichen Laster, es ist neugierig, eifrig, unermüdlich forschend und lernend, voller Liebe, ein Funken aus dem Paradies. Eigentlich braucht es keine Erziehung. Erziehung kann höchstens Schaden anrichten und in eine Entwicklung eingreifen, die ohne sie schon auf dem besten Wege gewesen wäre. „Es wird überhaupt zu viel erzogen“, sagte auch Albert Einstein, „die einzige nützliche Form der Erziehung besteht darin, Vorbild zu sein.“ Und der libanesische Philosoph und Dichter Kahlil Gibran sagte: „Eure Kinder sind nicht eure Kinder. Es sind Söhne und Töchter von des Lebens Verlangen nach sich selber. Und sind sie auch bei euch, so gehören sie euch doch nicht.“ Im vermeintlichen Bemühen, durch Erziehung etwas Gutes zu bewirken, erreichen wir das Gegenteil: Die Blumen, die noch gar nicht richtig wachsen konnten, werden umgebogen, bevor sie noch ihre Blüten richtig entfalten konnten. Die schlimmste Rolle spielt dabei die so genannte „Volksschule“, die ihre tiefen Wurzeln bezeichnenderweise auch wieder im christlichen und kapitalistischen Denksystem hat: Hier soll, was die Eltern noch nicht geschafft haben, nun endgültig vollbracht werden: die Anpassung des Kindes an die Anforderungen der kapitalistischen Erwachsenenwelt. Genau das, was die grosse Chance gewesen wäre, wird auf den Kopf gestellt: Die Kinder, von denen jedes seinen eigenen, unverwechselbaren, lustvollen Weg durchs Leben gesucht hätte, werden nun gezwungen, gegeneinander um Prüfungen, Zeugnisse und zukünftige Lebenschancen zu wetteifern. Erwachsene, die alle selber einmal Kinder waren, übertreffen sich nun gegenseitig im Bemühen, auch aus den neuen Kindern wieder möglichst schnell neue Erwachsene zu machen. Ein Teufelskreis. Wann wird er endlich durchbrochen? Wann endlich erkennen wir, dass der innerste Kern des Menschen das Gute ist und dass nichts so wichtig wäre, als dieses Gute in einer möglichst liebevollen und respektvollen Umgebung sich verwirklichen zu lassen? „Das Böse ist immer extrem“, sagte Hannah Arendt, die als Jüdin zur Zeit des Nationalsozialismus von der Gestapo verhaftet wurde und eine Zeitlang im Gefängnis sass, „aber nie radikal. Radikal ist immer nur das Gute.“

 

Die Ampel: Was ist vom „Aufbruch“, „Neubeginn“, „Fortschritt“ und der „neuen Geschichte“ noch übrig?

 

„Neubeginn“, „Fortschritt“, „Aufbruch“ – mit solchen und ähnlichen Slogans startete die Ampel anfangs Dezember 2021 in ihre Regierungszeit. Saskia Esken, Co-Präsidentin der SPD, schwärmte sogar, mit der Ampel würde „Geschichte geschrieben“. Doch keine drei Wochen später macht sich schon Ernüchterung breit. Von „Neubeginn“, „Fortschritt“ oder „Aufbruch“ ist nichts zu spüren und davon, dass da schon bald „Geschichte geschrieben“ wird, schon gar nichts. Der Grund ist einfach: Nur scheinbar werden wir von politischen Parteien und deren Exponentinnen und Exponenten regiert, tatsächlich aber ist es der Kapitalismus, der unsichtbar ganz zuoberst auf dem Thron sitzt und die ganze Macht in seinen Händen hält. Wenn neue Politikerinnen und Politiker an die Macht gelangen, dann ist das, wie wenn man die Mannschaft eines Schiffes auswechseln würde, während das Schiff selber unbeirrt an seinem Kurs festhält. Ändern wird sich nur Kleines, Oberflächliches. Im Wesentlichen aber bleibt alles beim Alten. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird weiterhin wachsen. Weiterhin werden vor allem jene reich, die schon reich sind, und nicht jene, die an den untersten Rändern der Arbeitswelt besonders viel und hart arbeiten. Weiterhin werden die Kinder in den Schulen dazu gezwungen, gegeneinander statt miteinander zu arbeiten und sich einen zerstörerischen Konkurrenzkampf um Noten, Zeugnisse und zukünftige Lebenschancen zu liefern. Weiterhin werden wirtschaftliche Aktivitäten vor allem darauf ausgerichtet sein, möglichst hohe Profite zu erzielen, und nicht vor allem darauf, soziale Gerechtigkeit und ein gutes Leben für alle zu schaffen. Weiterhin wird das Dogma eines unbegrenzten Wirtschaftswachstums unangetastet bleiben. Weiterhin werden, angestachelt durch den gegenseitigen Konkurrenzkampf, künstlich immer neue Bedürfnisse geschaffen und eine Unmenge überflüssiger Dinge hergestellt, die alle früher oder später auf dem Müll landen. Weiterhin wird zahllosen Tieren unermessliches Leiden zugefügt, damit sich die Aktionärinnen und Aktionäre der Fleischfabriken über möglichst fette Gewinne freuen können. Weiterhin werden Tag für Tag unzählige Tier- und Pflanzenarten für immer von der Erde verschwinden, weil Profit- und Wachstumswahn keine Grenzen kennen. Weiterhin wird auch Deutschland, wie alle anderen Industrieländer, billige Nahrungsmittel und Rohstoffe aus „Entwicklungsländern“ importieren, in teure Fertigprodukte verwandeln und diese möglichst gewinnbringend weiterverkaufen – Nahrungsmittel und Rohstoffe, die nur deshalb so billig sind, weil sie unter unmenschlichen Bedingungen und zu Hungerlöhnen geerntet und aus dem Boden geschürft wurden. Weiterhin wird der Raubbau an der Umwelt und den natürlichen Ressourcen den Tag, an dem Mensch und Natur in dauerhaftem Einklang stehen werden, in immer weitere Ferne rücken lassen. Und weiterhin werden Waffen, Armeen und die irrwitzige Idee, zwischenstaatliche Konflikte durch Kriege lösen zu können, nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Wie ist diese ungeheure Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen schönen, visionären Versprechen und der knallhart kleinlichen Tagespolitik zu erklären? Es hat wohl damit zu tun, dass wir die kapitalistische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung nicht als etwas erkennen, das aufgrund ganz bestimmter Interessen von Menschen aufgebaut und daher auch von Menschen wieder abgebaut und umgebaut werden kann, sondern als das sozusagen „Normale“. Als bewegten wir uns in einem Wald, den wir vor lauter Bäumen nicht mehr sehen. Als bewegten wir uns, wie Fische, im Wasser, ohne dass uns jemals in den Sinn käme, dass es ausserhalb dieses Wassers auch noch etwas anderes geben könnte. 500 Jahre Kapitalismus haben in uns allen, von Generation zu Generation weitererzählt und schon mit der Muttermilch von uns aufgesogen, tiefste Spuren hinterlassen. Wir wähnen uns zwar in einem Zeitalter, das die Religionen weitgehend überwunden hat. Aber durch die Hintertür ist uns unversehens eine neue Religion aufgestülpt werden, die gerade deshalb so mächtig ist, weil wir sie als eine solche schon gar nicht mehr erkennen, die Religion des Geldes, die Religion der schnellen Gewinne, die Religion des Reichtums auf Kosten anderer, die Religion der zunehmenden Geschwindigkeiten in allen Lebensbereichen, die Religion des unbegrenzten Wachstums, die Religion der Versklavung von Erde, Tieren und Pflanzen im Dienste endloser Profitvermehrung. Eigentlich erstaunlich, dass trotz dieser umfassenden Indoktrination dennoch, wie neueste Meinungsumfragen zeigen, eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung, nämlich 55 Prozent, findet, der Kapitalismus richte mehr Schaden als Nutzen an. Würde man eine solche Befragung weltweit durchführen, so wäre das Ergebnis wohl noch deutlicher. Unendlich gross ist die Sehnsucht nach sozialer Gerechtigkeit, nach einem guten Leben für alle, nach einer Welt gewaltloser Konfliktlösungen, nach einer lebenswerten Zukunft auch für kommende Generationen. Nur: Wie kommen wir dorthin? Regierungen wie die deutsche Ampel bringen uns nicht wirklich vorwärts. Es bräuchte, neben der nationalen Politik der einzelnen Länder, sozusagen eine zweite Schiene: eine globale Politik, an der Menschen aus allen Ländern grenzübergreifend mitwirken, um, Schritt für Schritt, eine neue, nichtkapitalistische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu entwickeln und deren Umsetzung in die einzelnen Gesellschaften und Volkswirtschaften voranzutreiben. Es wäre die erste Revolution ohne Gewalt, allein durch Vernunft und auf der Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse. Eine Revolution, in der nicht Menschen gegen Menschen kämpfen, sondern Menschen miteinander in der Sorge um die gemeinsame Zukunft. Nicht nur die Coronapandemie, sondern auch der Klimawandel, die Weltwirtschaft, zwischenstaatliche Spannungen und Konflikte und die wachsende Kluft zwischen armen und reichen Ländern sind die unüberhörbaren Alarmsignale dafür, dass keine dieser Herausforderungen von einem Land allein gelöst werden kann, sondern nur gemeinsam mit allen anderen. Oder, wie es schon der Schweizer Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt vorausahnend sagte: „Was alle angeht, können nur alle lösen.“ Sollte diese Vision jemals Wirklichkeit werden, dann, ja dann, könnten wir wohl tatsächlich von „Aufbruch“, „Neubeginn“,  „Fortschritt“ und einer „neuen Geschichtsschreibung“ sprechen.

 

 

Gedanken in der Nacht vom 25. auf den 26. Dezember…

 

Da gerät doch vor lauter Glitzerkerzen, wundervollen Weihnachtsliedern und dem Festtagsbraten tatsächlich die andere Seite der Geschichte ganz und gar aus unserem Blickfeld. Diese andere Seite ist eine Geschichte voller Verbrechen, unsäglicher Leiden, unbeschreiblicher Demütigung und Erniedrigung von Menschen. Doch wie hatte das alles angefangen? Angefangen hatte es mit diesem sagenumwobenen Jesus, welcher nicht davor zurückschreckte, Ideen der Liebe und der Gerechtigkeit in die Welt zu setzen, Ideen, die angesichts der herrschenden Machtverhältnisse höchst gefährlich waren und ihn schliesslich sogar das Leben kosten sollten. Ob Jesus tatsächlich in einem Stall in der Nähe von Bethlehem geboren wurde, ob er drei Tage nach seinem Tod wieder auferstand und ob er tatsächlich der Sohn Gottes war – dies alles ist Gegenstand von Spekulationen und wird wohl niemals restlos geklärt werden. Tatsache aber ist, dass Jesus eine Botschaft verbreitete, die, nähme man sie Ernst, bis heute ein machtvolles Instrument gegen jegliche Form von Ungerechtigkeit und Unterdrückung sein müsste. Wie sehr nicht nur Jesus selber, sondern auch seine Anhängerinnen und Anhänger von den damaligen Machthabern als gefährliche „Rebellen“ und „Revolutionäre“ angesehen wurden, zeigt sich auch darin, dass zahllose Urchristen und Urchristinnen im Römischen Reich aufs Brutalste verfolgt, hingerichtet und oft öffentlich verbrannt wurden. Das änderte sich erst im Jahre 380, als der oströmische Kaiser Theodosius I das Christentum zur Staatsreligion erklärte. Und so wurde das, was ursprünglich eine Botschaft der Befreiung, der Gerechtigkeit und des Friedens gewesen war, sozusagen von einem Tag zum andern zu einem Instrument in der Hand der Reichen und Mächtigen gegen die Armen und Wehrlosen. Wo immer die Reichen und Mächtigen Europas ihre Feldzüge planten, wo immer sie Menschen ihrer Freiheit beraubten und sie zu Sklavinnen und Sklaven machten, wo immer sie die Erde verbrannten und alle Reichtümer der Erde ins Gold ihrer Paläste verwandelten: Stets taten sie dies alles im Namen Gottes. Zehntausende von Moslems fielen sieben „christlichen“ Kreuzzügen auf dem Gebiet des Nahen Ostens zwischen 1100 und 1300 zum Opfer. Und als Christoph Kolumbus 1492 Amerika entdeckte, begann ein weiteres tiefschwarzes Kapitel in der Geschichte der Menschheit: Seite an Seite mit den europäischen Eroberern drangen die „christlichen“ Missionare in die besetzten Gebiete ein und zwangen, stets mit der Bibel in der Hand, die einheimische Bevölkerung dazu, den christlichen Glauben anzunehmen – wer sich weigerte, wurde zu Tode gefoltert. Dann war Afrika an der Reihe: Im Laufe dreier Jahrhunderte verfrachteten europäische Handelsgesellschaften über zwölf Millionen Männer, Frauen und Kinder nach Amerika, wo sie auf bestialischste Weise zu lebenslanger Zwangsarbeit verdammt wurden – und auch das alles „im Namen Gottes“. Auch der belgische König Leopold I hatte die Bibel in der Hand, als er seinen Gouverneuren im Kongo den Befehl erteilte, allen Arbeiterinnen und Arbeitern, welche nicht die geforderte Menge an Kautschuk zusammenbrachten, die Hände abzuhacken. Kein bisschen besser erging es jenen rund 50’000 Menschen, grösstenteils Frauen, die, hauptsächlich zwischen 1550 und 1650, als „Hexen“ verurteilt, oft zu Tode gefoltert oder öffentlich verbrannt wurden – und auch die Richter, welche die Todesurteile fällten, beriefen sich bei ihrem Tun stets auf den „christlichen“ Gott. Selbst Adolf Hitler nannte in dem vom ihm erlassenen „Ermächtigungsgesetz“ die christliche Religion als den „wichtigsten Faktor in der Erhaltung des deutschen Volkstums.“ Auch der chilenische Diktator Augusto Pinochet sah sich als Machthaber von Gottes Gnaden. Und selbst der US-amerikanische Präsident George W. Bush war sich nicht zu schade, ein eben vom Stapel gelaufenes Atom-U-Boot auf den Namen „Corpus Christi“ zu taufen. Eigentlich müsste man am 24. Dezember nicht Kerzen, Kugeln und Schokoladeengel an den Weihnachtsbaum hängen, sondern die Bilder abgehackter Hände, totgeprügelter Sklaven und verbrannter Hexen. Eigentlich müsste die Geschichte des „Christentums“ in seiner Form unsäglichen Missbrauchs durch profitgierige Machthaber, Landeroberer, Vergewaltiger, Folterer, Patriarchen und Kriegsherren endlich einmal aufgearbeitet werden. Eigentlich müsste für so viele Verbrechen in irgendeiner Form Wiedergutmachung geleistet werden. Eigentlich wäre es allerhöchste Zeit, allen diesen über Jahrhunderte hinweg „im Namen Gottes“ begangenen Verbrechen in die Augen zu blicken. Und eigentlich wäre es höchste Zeit, die revolutionäre Botschaft des ursprünglichen Christentums wieder neu zu entdecken – als eine Kraft, die, so wie das damals Jesus tat, auch heute wieder die ganze Welt auf den Kopf stellen würde, diese Welt voller Kriege, voller Ungerechtigkeiten, voller Armut und Hunger und voller Zerstörungsgewalt gegenüber den natürlichen Lebensgrundlagen. Hierfür brauchen wir gar nicht so weit zu gehen. Denn Jesus hatte auch hierfür das richtige Wort, indem er die Menschen dazu aufrief, so zu werden wie die Kinder. Nicht die schön eingepackten Stofftiere, Baukästen und Schaukelpferde sind die wertvollsten Weihnachtsgeschenke. Die wertvollsten Weihnachtsgeschenke sind die Kinder selber, die alle noch eine tiefe Erinnerung an eine Welt voller Liebe und Gerechtigkeit in sich tragen, eine Welt, von der wohl insgeheim alle Menschen weltweit träumen und auf die so viele von ihnen dennoch schmerzlichst verzichten müssen. Wäre diese Botschaft nicht die revolutionärste, die man sich nur vorstellen kann? Dass das Paradies nicht etwas ist, worauf wir warten müssen, bis wir gestorben sind – sondern etwas, was sich hier und heute auf der Erde verwirklichen lässt, wenn nur genug Menschen daran glauben und dafür arbeiten. Wenn heute Kinder und Jugendliche auch bei eisiger Kälte auf die Strasse gehen, um gegen den drohenden Klimawandel ihre Stimme zu erheben, wenn Menschen ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen, um Flüchtlingen das Leben zu retten, wenn sich immer mehr Frauen gegen patriarchale Machtverhältnisse zur Wehr setzen, wenn Ureinwohnerinnen und Ureinwohner im Amazonasgebiet für ihre Rechte kämpfen, wenn immer mehr Menschen das weltweite kapitalistische Macht- und Ausbeutungssystem radikal in Frage stellen und sich selbst durch den Vorwurf, sie seien unverbesserliche „Kommunisten“, nicht beirren lassen, dann sind das alles Zeichen dafür, dass Jesus selber zwar längst gestorben ist, seine Ideen und seine Botschaft aber bis auf den heutigen Tag nicht das Geringste an Aktualität eingebüsst haben…

Ein Innovationspark auf der Fläche von 50 Fussballfeldern: verheissungsvoller Schritt in eine goldene Zukunft?

 

Nun kann, nach längerem rechtlichem Seilziehen, der Zürcher Innovationspark auf dem Gelände des Militärflugplatzes Dübendorf doch noch verwirklicht werden. Auf einer Fläche von rund 50 Fussballfeldern, der landesweit grössten öffentlichen Landreserve, sollen sich Hochschulen und innovative Firmen mit Robotik, Luft- und Raumfahrt beschäftigen. Eines der wichtigsten Projekte wird die Entwicklung eines CO2-neutralen Flugzeugs sein. Dies mag ja, auf den ersten Blick, ein löbliches Ziel sein. Doch Flugzeuge müssen nicht nur angetrieben, sondern auch gebaut werden. Und sie brauchen Flugplätze, und zwar immer mehr Flugplätze, denn alle sind sich ja einig, dass der globale Tourismus, wenn erst einmal die Coronakrise überwunden ist, weiter ins Unermessliche wachsen soll – allein in China befinden sich 216 neue Flugplätze innerhalb von 15 Jahren in Planung oder sind bereits gebaut worden. Die Flugzeuge werden dann vielleicht in zehn oder 15 Jahren CO2-neutral angetrieben sein, aber das Material und die Fertigungshallen für ihre Herstellung sowie der Bau der Flughäfen und aller damit verbundener Infrastrukturen werden weiterhin zu einem massiven Abbau von Rohstoffen und zu einer weiteren immensen Steigerung der CO2-Emissionen führen. Das Beispiel des Zürcher Innovationsparks zeigt, dass die zuständigen Wissenschaftler, Technikerinnen und Experten offensichtlich noch ganz im alten Denken gefangen sind: Statt den bisherigen Gigantismus des Massentourismus mit allen seinen verheerenden Auswirkungen grundsätzlich zu hinterfragen, und neue, umweltverträglichere Reiseformen zu entwickeln, wird alles daran gesetzt, dass die Wohlhabenden dieser Erde künftig ohne schlechtes Gewissen CO2-neutral auch noch die letzten Paradiese heimsuchen und zerstören können. Der gleiche fatale Irrglaube, wir könnten auf dem eingeschlagenen Weg uneingeschränkt weitermarschieren, zeigt sich bei der aktuellen Ausbreitung der Elektromobilität. „Die Herstellung eines Elektroautos“, so schreibt Fabian Scheidler in seinem Buch „Warum wir Natur und Gesellschaft neu denken müssen“, „emittiert derzeit mehr CO2 als die Produktion eines konventionellen Pkw, vor allem wegen der grossen Batterien. Elektroautos verschlingen darüber hinaus grosse Mengen seltener Erden und anderer Mineralien, etwa Lithium, für deren Abbau ganze Landstriche verwüstet und enorme Süsswassermengen verbraucht werden. Wollte man die derzeitigen etwa eine Milliarde Pkw weltweit durch Elektroautos ersetzen, wäre das nächste ökologische Desaster vorprogrammiert.“ Sowohl das Fliegen über alle Grenzen hinweg wie auch die „Freiheit“ jedes Einzelnen, sich jederzeit und überall mit seiner Blechkarosse uneingeschränkt bewegen zu können, haben in einer Welt begrenzter Güter und begrenzten Lebensraums früher oder später keinen Platz mehr – versucht man sich vorzustellen, dass weltweit alle Menschen so viel fliegen und so viel Auto fahren wie der durchschnittliche Westeuropäer, dann sehen wir erst, was für ein Luftschloss da aufgebaut worden ist, das immer nur noch höher und höher wird, je länger wir es vor uns hinschieben. Ja, Innovationsparks haben wir dringend nötig. Aber nicht solche, die weiterhin dem alten Denken, dem Glauben an eine grenzenlose Mobilität und dem Gigantismus eines unbegrenzten Wachstums verhaftet sind, sondern uns aus alledem befreien und uns in neue Zeit hineinführen, in der die Bedürfnisse der Menschen, die Bedürfnisse der Erde, die Bedürfnisse der Natur und die Bedürfnisse kommender Generationen endlich wieder miteinander in Einklang stehen. Denn, wie schon Albert Einstein sagte: „Probleme kann man niemals mit der gleichen Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ 

Was die Coronakrise, die Klimafrage, das Schlachtfeld der sozialen Medien und der Ukrainekonflikt miteinander zu tun haben…

 

Alle kennen sie, alle wissen von zahllosen Beispielen, was für Wunder sie vollbringen kann, und doch wird sie Tag für Tag mit Füssen getreten, Tag für Tag zu Boden gestampft: die Liebe. Zum Beispiel auf den Strassen der Schweiz, Deutschlands und Österreichs, wo neuerdings schon zum Bürgerkrieg gegen die „Obrigkeit“ von Wissenschaftlern und Politikerinnen aufgerufen wird und manche nicht einmal vor Verleumdungen gröbster Art bis hin zu Morddrohungen zurückschrecken. Eine „Obrigkeit“, die ihrerseits unter permanentem Beschuss von Bürgerinnen und Bürgern stehen, von denen sie gleichermassen mit massivsten Anschuldigungen eingedeckt werden – ganz so, als ginge es nicht darum, gemeinsam ein Virus zu bekämpfen, sondern sich gegenseitig das Leben zur Hölle zu machen. Das gleiche Bild in der Klimafrage, wo für viele Menschen schon längst nicht mehr die Sorge um die gemeinsame Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder im Vordergrund steht, sondern die Angst, auf liebgewonnene Annehmlichkeiten verzichten zu müssen und sich von jugendlichen „Träumerinnen“ und „Wirrköpfen“ den hart verdienten Wohlstand vermiesen zu lassen – ein Wunder, haben die Aktivistinnen und Aktivisten der Klimabewegung ob all den Beleidigungen, Schuldzuweisungen und all dem Hass, der ihnen entgegenschlägt, nicht schon längst die Flinte ins Korn geworfen. Gegenseitige Beleidigungen, Hass und Intoleranz treffen wir aber nicht nur in den Auseinandersetzungen rund um die Coronakrise und die Klimafrage an, sondern ganz allgemein im öffentlichen Diskurs, in der Alltagspolitik und, in erschreckendem Ausmass, in den so genannten „sozialen“ Medien. Auf tragische und verhängnisvolle Weise wird ein Medium, das sich bestens für das Kennenlernen anderer Meinungen, die Auseinandersetzung mit philosophischen Grundfragen und die gemeinsame Wahrheitsfindung eignen würde, dazu missbraucht, sich gegenseitig klein zu machen, in jedem anderen so viel Böses wie möglich ausfindig zu machen und die eigene Meinung unbeirrt über alles andere zu stellen. Und auch das, was gegenwärtig rund um die Ukraine geschieht, ist grundsätzlich nichts anderes. Auch hier haben gegenseitige Beschuldigungen und Feindbilder einen Zustand herbeigeführt, der, entgegen aller Vernunft, im schlimmsten Falle zu einem wirklichen Krieg mit unabsehbaren zerstörerischen Folgen führen könnte – Hass, dessen äusserste und extremste Form die Vernichtung jenes „Feindes“ ist, der die Gestalt jenes „Bösen“ angenommen hat, das es auszulöschen gilt. Schwere Zeiten für die Liebe. Und doch ist nichts so wichtig, als an ihr festzuhalten. Zwar wird, wer heute noch von einer Welt voller Liebe, Frieden und Gerechtigkeit träumt, meist als hoffnungsloser „Spinner“ oder „Utopist“ abgetan, doch ist eine Welt voller Liebe, Frieden und Gerechtigkeit das einzig wirklich Realistische, Vernünftige und Zukunftsfähige. Bald ist Weihnachten. Wenn dieses Fest einen Sinn haben soll, dann gewiss nicht in der Art und Weise, dass wir unsere Bäuche vollschlagen, einander mit einer Unmenge überflüssiger Dinge beschenken und im besten Falle noch ein paar Weihnachtslieder singen. Nein, wenn dieses Fest einen Sinn haben soll, dann nur in der Art und Weise, wie wir uns jene revolutionärste Botschaft Jesu in Erinnerung rufen, welche, nähme man sie Ernst, buchstäblich die ganze Welt auf den Kopf stellen würde: die Botschaft der Nächstenliebe, die Botschaft, jeden Menschen so zu lieben, wie man sich selber liebt. „Entweder“, sagte der amerikanische Bürgerrechtskämpfer Martin Luther King, „werden wir als Brüder und Schwestern gemeinsam überleben oder als Narren miteinander untergehen.“