Coronakrise in Indien: Wie wenn Armut, Hunger und Ausbeutung nicht schon genug wären…

Millionen indischer Tagelöhner wurden infolge der Coronaepidemie von ihren Arbeitsplätzen vertrieben und mussten Fussmärsche von bis zu 300 Kilometern zurück in ihre Heimatdörfer auf sich nehmen. Und auch die rund 800’000 Bewohnerinnen und Bewohner von Dharavi, dem Elendsquartier der 25-Millionen-Metropole Mumbai, auch Höllenloch genannt, leiden unsäglich, leben zu fünft oder zu zehnt eingesperrt in winzigen, oft fensterlosen Zellen, fast ohne Nahrung und werden, wenn sie sich nach draussen wagen, von den allgegenwärtigen Sicherheitskräften immer wieder in ihre Behausungen zurückgeprügelt.

(nach: Tages-Anzeiger, 13. Mai 2020)

Indien – ein Beispiel für all jene Länder, in denen Armut, Ausbeutung und nun als weitere Bedrohung die Coronapandemie zu einem hochexplosiven Gemisch zusammentreffen, so dass der Begriff des „Höllenlochs“ für die Situation der darunter leidenden Bevölkerung wohl kaum übertrieben ist. Dabei  müsste das alles nicht so sein. Denn vergessen wir nicht: In Indien gibt es unbeschreiblich, sagenhaft reiche Menschen, die für ein einziges Hochzeitsfest Dutzende von Millionen Dollar ausgeben. Zahllose Millionäre leben an den anderen Enden der Grossstädte, fernab der Elendsquartiere, in märchenhaften Villen mit Swimmingpools, Leibwächtern und Bediensteten rund um die Uhr. Unzählige Inderinnen und Inder verbringen ihre Ferien in den exquisitesten Luxushotels rund um die Welt. Der Industrie- und insbesondere der Rüstungskomplex haben im Laufe der vergangenen Jahrzehnte schwindelerregende Wachstumskurven aufzuweisen. Das Problem liegt nicht darin, dass kein Geld, keine Ressourcen und kein Reichtum vorhanden wären. Das Problem liegt vielmehr in der unsäglich ungleichen Verteilung der vorhandenen Güter, in der immer massloseren Anhäufung von Reichtum bei den einen und der gleichzeitigen Verarmung und Verelendung der anderen. Dass es auch anders gehen kann, zeigt das Beispiel des Bundesstaates Kerala, wo seit Jahrzehnten eine kommunistische Regierung an der Macht ist. Keralas Pro-Kopf-Einkommen liegt mehr als ein Drittel über dem indischen Durchschnitt. Drastische Fälle von Armut wie in anderen Teilen Indiens sind in Kerala kaum anzutreffen, da hier in den letzten Jahrzehnten eine konsequente Agrarreform und Arbeitsbeschaffungsmassnahmen durchgeführt worden sind. Auch das Bildungs- und das Gesundheitssystem sind im Vergleich zu anderen Bundesstaaten gut ausgebaut. Die Lebenserwartung liegt mit 74,9 Jahren deutlich über dem indischen Durchschnitt von 67,9 Jahren. Die Säuglingssterblichkeitsrate ist mit 12 (pro 1000 Lebendgeburten) die geringste in Indien. Der Umweltaktivist Bill McKibben bezeichnete das Modell Kerala denn auch bereits 1999 als „bizarre Anomalie unter den Entwicklungsländern“, die „wirkliche Hoffnung für die Entwicklung der Dritten Welt“ biete. Soziale Indikatoren wie Säuglingssterblichkeit, Alphabetisierung, Geburtenrate und Lebenserwartung wären fast schon auf dem Niveau der „Ersten Welt“, trotz eines vielfach geringeren Pro-Kopf-Einkommens. Ein ermutigendes Beispiel für alle Länder und Regionen des Südens, in einer so extremen Zeit wie der heutigen erst recht!

„Natürlich habe ich Angst!“ Und genau deshalb brauchen wir ein bedingungsloses Grundeinkommen…

Westfleisch, einer der drei grössten Fleischverarbeiter Deutschlands, bekannt für seine bestialischen Arbeitsbedingungen, mangelhaften Sicherheitsstandards und tiefen Löhne, hatte sich zu alledem schon im März zu einem der akutesten Coronaepidemieherde des Landes entwickelt. Allein im nordrhein-westfälischen Coesfeld, wo Westfleisch fast drei Millionen Schweine im Jahr schlachtet und zerlegt, haben sich 249 von 1200 Mitarbeitern infiziert. „Natürlich habe ich Angst“, sagt ein Mann auf dem Weg zur Arbeit, „aber ich habe ja keine Wahl. Wenn ich nicht zur Arbeit gehe, wovon soll ich dann leben?“.

(Tages-Anzeiger, 12. Mai 2020)

Und genau deshalb braucht es ein bedingungsloses Grundeinkommen. Damit sich der Arbeiter frei entscheiden kann: Entweder bleibe ich zu Hause und begnüge mich mit einem bescheidenen Lebensunterhalt, verzichte auf dieses und jenes. Oder ich habe ein etwas höheres Einkommen für den Preis, dass ich mich bestialischen Arbeitsbedingungen unterwerfen muss und mich tödlichen Gefahren aussetze. Vielleicht gäbe es dann gewisse Jobs nicht mehr – ganz einfach, weil ein Leben mit dem bedingungslosen Grundeinkommen attraktiver wäre als der betreffende Job. Aber wäre das so schlimm? Wäre es so schlimm, wenn es solche Fleischfabriken, in denen nicht nur die Tiere, sondern auch die Menschen blosse Wegwerfartikel im Dienste des Kapitals sind, wenn es solche Fleischfabriken schlicht und einfach nicht mehr gäbe? Oder wenn es diese Textilfabriken in Bangladesh, in denen für Hungerlöhne Kleider für den westlichen Markt produziert werden, von denen mehr als die Hälfte früher oder später im Müll landen, wenn es diese Textilfabriken nicht mehr gäbe? Ein – weltweites – bedingungsloses Grundeinkommen würde die Unternehmen dazu zwingen, Löhne und Arbeitsbedingungen so attraktiv zu gestalten, dass die Menschen sich freiwillig dafür entscheiden, dort zu arbeiten. Dies würde geradezu zu einer Umkehrung des Bisherigen führen, denn, um genügend Arbeitskräfte zu gewinnen, müssten genau jene Jobs, die heute am schlechtesten bezahlt sind, am besten bezahlt werden…

Coronavirus: Kubanische Ärzte und Ärztinnen weltweit im Einsatz

Fast hätten wir es vergessen: Seit anfangs März stehen rund 30’000 kubanische Ärzte und Ärztinnen im Kampf gegen das Coronavirus in Venezuela, Südafrika, Italien, Andorra und weiteren 60 Ländern im Einsatz. Ob das kommunistische Gesundheitssystems des Inselstaates also doch nicht ganz so schlecht gewesen war, wie man uns immer wieder weiszumachen versucht?

Coronastatistiken: Irreführende Zahlen, Panik- und Angstmacherei

Die Anzahl der coronabedingten Todesfälle sei in der Schweiz bis am 9. Mai 2020 auf 1833 angestiegen – solche und ähnliche Meldungen jagen einem immer wieder einen Schrecken ein. Und doch: Allein im Raum stehend, ohne Bezug zu etwas anderem, lässt sich mit einer solchen Zahl eigentlich nicht viel anfangen. Schon wenn man erwähnen würde, dass die Zahl der Todesfälle seit Wochen Tag für Tag rückläufig ist, sähe es ganz anders aus. Oder wenn man in Erinnerung rufen würde, dass im gleichen Zeitraum, da 1833 Menschen an den Folgen des Coronavirus gestorben sind, rund 1500 Menschen den Folgen übermässigen Rauchens erlegen sind und wenn man sich vergegenwärtigt, dass auch zu ganz normalen Zeiten in der Schweiz jeden Tag rund 180 Menschen sterben, dann sähe alles schon wieder ein wenig anders aus. Oder wenn man nebst der Zahl der Todesfälle immer auch jene der – ungleich viel zahlreicheren – Genesenen nennen würde, wäre auch das schon wieder ein willkommener Lichtblick. Ins gleiche Kapitel geht die regelmässig von SRF veröffentlichte Anzahl Infizierter. Da die neuen immer zu den bisherigen Fällen dazugezählt werden, steigt die Kurse unaufhörlich in die Höhe – tatsächlich aber nimmt die Anzahl Infizierter von Tag zu Tag ab und die Kurve müsste eigentlich nach unten weisen. Ähnlich verhält es mit Panik- und Angstmacherei auch bei internationalen Statistiken: So etwa bekommen wir fast täglich die Schreckensbilder von Massengräbern aus den USA zu sehen – so als wäre dies etwas, was auch noch auf uns zukommen könnte. Schauen wir uns aber die Zahlen etwas genauer an, dann stellen wir fest, dass die USA nur unwesentlich mehr Coronainfizierte und Coronatote hat als die Schweiz, wenn man dies auf die Bevölkerungszahl umrechnet: Die USA haben 40 Mal mehr Einwohnerinnen und Einwohner als die Schweiz und mit 1,3 Millionen auch 40 Mal mehr Infizierte und mit 77’000 auch rund 40 Mal mehr Tote als die Schweiz. Die Bilder aus den USA sind also weniger Bilder einer schrecklichen Krankheit, als vielmehr eines maroden Gesundheitssystems, eines fragilen Wirtschaftssystems und katastrophaler sozialer Verhältnisse. Panik und Angstmacherei werden nicht selten auch unter den Experten verbreitet. So etwa warnt der deutsche Virologe Christian Drosten, dass eine zweite Coronawelle Deutschland „mit noch viel grösserer Wucht treffen werde“. Solche Voraussagen, selbst wenn sie nicht ganz von der Hand zu weisen sind, bringen wenig oder höchstens das Gegenteil dessen, was sie angeblich bezwecken. Denn alle werden sich sagen: Wenn eine neue Welle sowieso kommt, was soll ich mir da mit Social Distancing und Handhygiene denn überhaupt noch Mühe geben, es nützt ja sowieso nichts. Oder sogar: Wenn die Katastrophe so oder so kommt, dann will ich das Leben, so lange es geht, erst recht geniessen. Eigentlich müssten die Experten Zuversicht verbreiten und die Menschen ermuntern, sich eben genau so zu verhalten, dass die zweite Welle früher oder später eben nicht auf uns zukommt – denn letztlich haben wir dies mit unserem Verhalten in der Hand. Diese Zeiten sind schon schlimm genug, da müssen wir mit Schreckensmeldungen, irreführenden Zahlen, dem Verschweigen des Positiven sowie düsteren Prophezeiungen nicht alles noch viel schlimmer machen, als es schon ist…

 

Protestierende Jugendliche und weintrinkende Politiker: Die Gerechtigkeit lässt auf sich warten…

Das Schweizer Fernsehen berichtet am 5. Mai über die Befindlichkeit der Parlamentarier und Parlamentarierinnen anlässlich der Sondersession in den Berner Messehallen. Trotz der ungewohnten Atmosphäre, so die Kommentatorin, hätte man sich offensichtlich im Laufe des Tages nach und nach an die neue Situation gewöhnt. Und am Abend, schmunzelt die Kommentatorin, hätte man sogar auch schon da und dort Parlamentarier und Parlamentarierinnen entdeckt, die es sich bei einem Gläschen Wein gemütlich gemacht und dabei einen gegenseitigen Körperabstand „von eher 20 Zentimetern als zwei Metern“ eingehalten hätten…

Und dafür also hat man für diese Session die Berner Messehallen für nicht weniger als drei Millionen Franken gemietet und werden die Rednerpulte unmittelbar nach jedem Sprecher und jeder Sprecherin peinlichst genau desinfiziert. Was wohl die Aktivisten und Aktivistinnen von Klimastreik Schweiz, die tags zuvor unter strikter Einhaltung der Abstandsregeln vor den Messehalten eine Protestaktion durchführen wollten, darüber denken mögen? Ob wohl die Polizisten und Polizistinnen, welche den Klimaprotest gewaltsam auflösten, später ins Innere des Gebäudes gegangen sind, um die weintrinkenden Politiker ebenso gewaltsam auseinanderzutreiben? Wohl kaum. Wir scheinen von der Gleichberechtigung der Menschen in diesem Lande doch noch ein ganz gehöriges Stück entfernt zu sein…

Protestaktion vor den Berner Messehallen: Bilder einer Diktatur, nicht einer Demokratie

Gestern, zum Auftakt der ausserordentlichen Session, wollten Klimaaktivisten und Klimaaktivistinnen mehrere Petitionen an das Parlament übergeben und mit einer Plakataktion auf ihre Anliegen aufmerksam machen. Doch noch bevor sie zu den Berner Messehallen gelangten, in denen momentan National- und Ständerat tagen, wurden sie von Polizisten und Wachleuten abgefangen und des Platzes verwiesen, obschon es weniger als fünf Leute waren und der Mindestabstand eingehalten wurde.

(www.watson.ch)

Entweder du gehörst dazu. Dann wird dir der rote Teppich ausgebreitet. Und du findest deinen mit allem Schickschnack ausgestatteten Sitzplatz in einem grossen, lichtdurchfluteten Saal, für dessen Miete man nicht weniger als drei Millionen Franken aufgeworfen hat. Und jedes deiner Worte wird über sämtliche Fernsehschirme bis in die entlegensten Winkel des Landes übertragen. Oder du gehörst nicht dazu. Dann wird dir das Reden verboten, bevor du noch den Mund geöffnet hast. Und deine Botschaften bleiben ungehört. Und zu alledem trägst du dann noch, fortgejagt und namenlos, auf dem Nachhauseweg das beklemmende Gefühl mit dir, etwas Unrechtes getan zu haben. Erinnern solche Bilder nicht eher an eine Diktatur als an eine Demokratie?

1. Mai in Zürich: Demokratie mit Füssen getreten

1. Mai in Zürich: Als sich um 11 Uhr auf dem Helvetiaplatz rund 30 Personen mit Fahnen und Transparenten versammeln, um gegen die Zustände im syrischen Rojava zu demonstrieren, werden sie von der Polizei weggewiesen, und dies, obwohl gemäss Augenzeugen der Sicherheitsabstand eingehalten wurde. Eine Stunde später wiederholt sich die Szene beim Rathaus. Diesmal verhaftet die Polizei einen Mann und eine Frau, weil diese sich den Anordnungen widersetzen. „Wir weisen darauf hin“, verkündet die Polizei über Lautsprecher, „dass wir aufgrund der ausserordentlichen Lage und des allgemeinen Versammlungsverbots keine solchen Aktionen tolerieren können.“ Die grösste Menschenansammlung bildet sich etwa um halb drei beim Bellevue, wo rund 100 Personen demonstrieren. Auch dort wollen sich nicht alle Demonstrantinnen und Demonstranten nach Hause schicken lassen. Es werden 40 Personen kontrolliert und eine von ihnen verhaftet, sie alle werden wegen Verstosses gegen die Covid-Verordnung angezeigt. Schliesslich halten unter strenger Einhaltung der Abstandsregeln Vertreterinnen und Vertreter der gewerkschaftlichen Basisgruppe „Zürich bleibt öffentlich“ vor dem Rathaus mehrere Reden, auch diese Gruppe wird von einem Grossaufgebot der Polizei aufgelöst. „Ein Armutszeugnis, was sich die Stadtpolizei da erlaubt hat“, sagt Luca Maggi, Sprecher des 1. Mai-Komitees, „Plakate sind abgehängt und die freie Meinungsäusserung ist unterbunden worden. Sogar Personen, welche Distanz- und Hygienevorschriften einhielten, sind weggewiesen worden.“

(www.watson.ch)

 

Die Lockerungsmassnahmen, die vom Bundesrat bereits bekanntgegeben wurden und denen in den folgenden Wochen noch weitere folgen sollen, gelten offensichtlich nicht fürs Politische und für die demokratischen Grundrechte, sondern nur für all jene Bereiche, wo es ums Geldverdienen geht. Sonst würde man nicht zulassen, dass in einem Restaurant vier Personen am gleichen Tisch sitzen dürfen, während man gleichzeitig vier Personen, die in einem Demonstrationszug nebeneinander gehen, auseinandertreibt. Man würde nicht Menschenansammlungen in Supermärkten und Eisenbahnzügen zulassen, während man gleichzeitig Menschenansammlungen zu politischen Zwecken polizeilich verfolgt und kriminalisiert. Und man würde nicht Plakate, mit denen für Fruchtsäfte oder Staubsauger geworben wird, hängen lassen, während man Plakate, die auf das Schicksal der Menschen in Rojava hinweisen, zu Boden reisst. Es heisst immer, besondere Umstände würden besondere Massnahmen erfordern. Das würde aber auch bedeuten, gerade in einer so schwierigen Zeit wie der heutigen der Demokratie und den Menschenrechten ganz besonders viel Sorge zu tragen… 

 

 

 

 

 

Streitgespräche und Politikdiskussionen: Und wo sind die Nichtakademiker und Nichtakademikerinnen?

Radio SRF veröffentlicht eine Artikelserie zum Thema „Corona – es wird nie wieder sein, wie es einmal war.“ Gesprächsteilnehmer und Gesprächsteilnehmerinnen sind eine Philosophin, ein Soziologe, eine Kulturwissenschaftlerin und ein Wissenschaftshistoriker…

(www.srf.ch)

Ob in der Zeitung, am Radio oder am Fernsehen: Geht es um wichtige Themen, kommen fast immer nur Akademiker und Akademikerinnen zu Wort. Als hätten alle anderen Menschen nichts Wichtiges zu sagen. Doch das ist ein gewaltiger Irrtum und eine masslose Beleidigung all jener „einfachen“ Männer und Frauen ohne Titel und Rang, die tagtäglich ganz einfach ihren Job erledigen. Denn das Leben findet nicht vor allem in wohltemperierten Studierstuben statt. Es findet vor allem statt im ohrenbetäubenden Lärm von Fabrikhallen, im knietiefen Schlamm eines Abwasserschachts, am Krankenbett einer qualvoll sterbenden Patientin oder im Gewusel der fünfköpfigen Familie in einer viel zu engen Vierzimmerwohnung zwischen Haushaltsarbeiten, Homeschooling und Homeoffice. Zwar wird über den Alltag dieser „gewöhnlichen“ Menschen regelmässig in Zeitungsartikeln und TV-Reportagen berichtet. Geht es aber um das politische oder philosophische Streitgespräch, um die Reflexion über gegenwärtige und zukünftige Bedrohungen, um die Beurteilung all der Massnahmen, die von Gesundheitsexperten und Politikern getroffen werden – dann sucht man den Nichtakademiker oder die Nichtakademikerin in der Gesprächsrunde meist vergebens. Es wäre wohl an der Zeit, analog zur Frauenquote eine Quote für Nichtakademikerinnen und Nichtakademikern in öffentlichen Gesprächsrunden einzuführen.

Im Kampf gegen das Coronavirus: Gehen Sie ins Freie!

Wie stark wird das wärmere Wetter die Ansteckung durch das Coronavirus dämpfen? Ich habe alle wissenschaftlichen Aufsätze zu diesem Aspekt gelesen und schliesse daraus, dass sich das Virus am schnellsten im Inneren von Gebäuden ausbreitet. Deswegen war es ziemlich sinnlos, Parks und Strände zu schliessen und unter dem Strich wahrscheinlich eher schädlich. Demnach ist es also möglich, dass der Sommer die Ansteckungsfähigkeit des Virus nicht radikal verringert, solange wir nicht alle unsere Schreibtische nach draussen schaffen.

(Neil Ferguson, Senior Fellow am Zentrum für europäische Studien in Harvard, NZZ 28. April 2020)

Allen solchen Einsichten zum Trotz wurden und werden nach wie vor in zahlreichen Ländern Ausgangssperren verhängt, Parkanlagen und Strandpromenaden abgesperrt und die Bevölkerung auch in der Schweiz rund um die Uhr mit dem Slogan „Bleiben Sie zuhause!“ bombardiert, so dass sich verunsicherte Bürgerinnen und Bürger schon fast nicht mehr getrauen, ihr Haus zu verlassen, obwohl nie eine Ausgangssperre verhängt wurde. Sieht man die Kinder in Spanien, die unlängst zum ersten Mal nach sechs Wochen ihre Wohnung verlassen durften, und auch das nur für eine Stunde und in Begleitung Erwachsener, dann muss man sich schon fragen, ob der Kampf gegen das Coronavirus nicht bald grösseren Schaden anrichtet als das Virus selber und ob es nicht langsam an der Zeit wäre, den Slogan „Bleiben Sie zuhause!“ durch den Slogan „Gehen Sie ins Freie!“ zu ersetzen.

Strategien gegen das Coronavirus: Querdenker werden totgeschwiegen

«Je mehr Personen bereits eine Infektion durchgemacht haben, desto geringer wird das Ansteckungsrisiko für die restliche Bevölkerung sein», sagt Pietro Vernazza, Chefarzt der Infektiologie des Kantonsspitals St. Gallen. Er schlägt daher das gezielte Schaffen einer «Herdenimmunität» vor. «Dafür müssen wir Infektionen zulassen.» Insbesondere bei Kindern und gesunden jüngeren Menschen seien die Symptome fast immer mild, oder die Infektion bleibe sogar gänzlich unbemerkt. Eine solche Umstellung müsse «selbstverständlich unter laufender Beobachtung der Hospitalisationszahlen erfolgen». Bei der Gruppe der Risikopatienten und älteren Personen solle hingegen die gegenteilige Strategie gefahren werden, nämlich die möglichst weitgehende Vermeidung von Ansteckungen. Besonders gefährdete Personen müssten für einige Zeit «zu ihrem persönlichen Schutz ein zusätzliches individuelles Hygiene- und Isolationsverhalten aufrechterhalten», bis eine ausreichende Immunität in der Bevölkerung auch ihr individuelles Risiko minimiere.

(www.telebasel.ch)

Schwer zu verstehen, weshalb Stimmen wie jene von Pietro Vernazza bei den zuständigen Behörden und Gesundheitspolitikern offensichtlich bis anhin noch kein Gehör gefunden haben. Weshalb eigentlich nicht? Gibt es so etwas wie einen unausgesprochenen Mainstream? Entweder bewegt man sich in diesem, dann findet man Beachtung. Wenn nicht, wird man einfach totgeschwiegen…