Kaum war der Papst tot, schwirrten auch schon wieder die Pharisäer, Geldwechsler und Taubenhändler von allen Seiten heran…

„Nächstenliebe“, „Demut“, „Bescheidenheit“, „Barmherzigkeit“, „Rücksicht“, „Respekt“, „Ehrlichkeit“ und „Rechtschaffenheit“ – dies die anlässlich seiner Beisetzung am 26. April 2025 wohl am häufigsten erwähnten Charakterzüge von Papst Franziskus. Immer wieder erzählt man sich auch, wie typisch es für ihn gewesen sei, dass er nicht einmal die für so hohe kirchliche Würdenträger vorgesehenen roten Schuhe, die als Symbol für Macht, Würde und höchstes gesellschaftliches Ansehen gelten, getragen hätte, sondern ganz gewöhnliche schwarze Strassenschuhe, und dass er darauf bestanden hätte, dass auf seinem Grabstein nur ein einziges Wort stehen sollte: „Franziscus“. Fürwahr ein kaum zu übertreffendes Vorbild an Menschlichkeit für die ganze Welt.

Weitaus weniger oft aber wurde anlässlich seiner Bestattung erwähnt, dass Papst Franziskus nicht nur ein Mann der Demut und der Nächstenliebe gewesen war, sondern auch ein zutiefst politisch denkender und handelnder Mensch, der mit seiner radikalen Gesellschaftskritik und ganz konkret der Kritik am kapitalistischen Wirtschaftssystem weit über alles hinausgegangen war, was von sämtlichen seiner Vorgänger in dieser Richtung je zu hören gewesen war. „Diese Wirtschaft“, sagte er in Bezug auf den Kapitalismus, „tötet“. Wie Recht er mit dieser Aussage doch hatte, wenn man bedenkt, dass jeden Tag weltweit rund 15’000 Kinder vor dem Erreichen ihres fünften Lebensjahrs sterben, weil sie nicht genug zu essen zu haben, und dies nicht etwa, weil es weltweit zu wenige Nahrungsmittel zur Versorgung aller Menschen gäbe, sondern nur deshalb, weil im Kapitalismus naturgemäss die Güter nicht dorthin fliessen, wo sie am dringendsten gebraucht werden, sondern stets dorthin, wo sich damit am meisten Geld verdienen lässt, sodass sich die Lebensmittel, die in den armen Ländern des Südens so schmerzlich fehlen, umso höher in den reichen Ländern des Nordens auftürmen und bis zu einem Drittel des Gekauften im Müll landet, bevor es überhaupt gegessen wurde. Eine der wohl schlimmsten Menschenrechtsverletzungen unserer Zeit, durchaus vergleichbar mit einem Kriegsverbrechen – ohne dass dies jemals auch nur annähernd so grosse Schlagzeilen machen und eine so grosse Empörung auslösen würde wie kriminelle Taten Einzelner mit zehntausendfach weniger schlimmen Folgen.

Papst Franziskus erkannte auch zwangsläufig den Zusammenhang zwischen Kapitalismus, wirtschaftlicher Expansion, dem Irrglauben an ein unbegrenztes Wirtschaftswachstum und, als letzter Konsequenz von alledem, dem Krieg: „Der Kapitalismus“, sagte er, „braucht den Krieg“. Und: „Es wird nie einen wahren Frieden geben, wenn wir nicht in der Lage sind, ein gerechtes Wirtschaftssystem aufzubauen.“ Auch in diesem Punkt traf seine Kritik voll ins Schwarze, geht es doch in fast allen der zurzeit weltweit wütenden rund 60 Kriegen stets auch um die Vorherrschaft und Inbesitznahme von natürlichen Ressourcen und Bodenschätzen im gegenseitigen Konkurrenzkampf auf dem Schlachtfeld der sogenannten „freien Marktwirtschaft“, die nicht auf dem Prinzip möglichst fairen Nutzens und Teilens des Vorhandenen beruht, sondern bloss auf der Raff- und Profitgier Stärkerer gegenüber Schwächeren.

Wer die Widersprüche und das Zerstörungspotenzial des Kapitalismus so klar erkennt und benennt, muss zwangsläufig zum Schluss kommen, dass auch die NATO als militärischer Arm des westlich-kapitalistischen Machtsystems entgegen allen anderslautenden Behauptungen alles andere ist als ein Instrument zur Verteidigung und Bewahrung von Menschenrechten, Demokratie und Frieden, sondern ganz einfach dazu dient, die Macht der Mächtigen zu sichern und wirtschaftliche Expansion sowie möglichst profitträchtige Ausbeutung von Bodenschätzen und natürlichen Ressourcen zu unterstützen oder gar voranzutreiben. Nur logisch daher die Schlussfolgerung von Papst Franziskus in Bezug auf den Beginn des Ukrainekriegs: „Vielleicht war es ja die NATO, die vor Russlands Tor bellte, was Putins Wut provozierte und ihn dazu veranlasste, die Invasion der Ukraine zu entfesseln. Ich vermute, dass die Haltung des Westens sehr dazu beigetragen hat.“ Diese Aussage machte Papst Franziskus in einem Interview mit dem „Corriere della sera“ am 3. Mai 2022. Wohlweislich wurde sie in keinem einzigen anderen westlichen Mainstreammedium jemals wiedergegeben, hätte dies doch unweigerlich zum Zusammenbruch des so systematisch vom Westen aufgebauten Lügengebäudes geführt, wonach Russland und insbesondere Präsident Putin der einzige und ausschliessliche Schuldige am Ausbruch des Ukrainekriegs sei.

Auch was den Krieg Israels gegen die Menschen im Gazastreifen betritt, stellte sich Papst Franziskus, ohne dass dies jemals gebührend gewürdigt worden wäre und entsprechende Konsequenzen gehabt hätte, mutig gegen die offizielle westlich-kapitalistische Sichtweise, wonach Israel ein „Recht“ hätte, sich gegen den Überfall israelischer Siedlungen durch Hamaskämpfer am 7. Oktober 2023 mit einer tausendfach stärkeren Gegenreaktion zu „verteidigen“, der mittlerweile schon gegen 100’000 unschuldige Kinder, Frauen und Männer zum Opfer gefallen sind: „Was in Gaza geschieht“, sagte Papst Franziskus, „trägt deutlich Züge eines Völkermords.“ Als einziger westlicher Wortführer hatte er den Mut, die israelische Militärpolitik gegen die Palästinenserinnen und Palästinenser als „Terrorismus“ zu bezeichnen. Und sein Papamobil hat er kurz vor seinem Tod den Kindern von Gaza vermacht, wo es nun von der Hilfsorganisation Caritas in einen Krankenweg umgebaut wird.

Mit seiner radikalen Gesellschaftskritik wandelte Papst Franziskus unverkennbar auf den Spuren von Jesus, der ebenfalls zu seiner Zeit zu einer radikalen Umgestaltung der bestehenden Verhältnisse aufgerufen hatte und dafür sein Leben hingeben musste. Es waren und sind die Denkvorstellungen und Visionen einer gerechten und friedlichen Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung, die erst in jenem Moment auf so tragische Weise geopfert wurden, als aus der christlichen „Urkirche“, die eine Art Untergrundbewegung gewesen war, eine „Machtkirche“ wurde, die nicht mehr den Interessen der Armen und der Unterdrückten diente, sondern nur noch den Interessen der Reichen und Mächtigen. Was dazu führte, dass die von Jesus verkündeten Botschaften von Liebe und Gerechtigkeit nicht nur missachtet, sondern geradezu ins Gegenteil verdreht wurden: Ganze Heerscharen von christlichen Kämpfern wurden – wie etwa in den Kreuzzügen des 12. und 13. Jahrhunderts – im Namen Gottes in „heilige“ Kriege gegen Andersgläubige geschickt, Millionen von amerikanischen Ureinwohnerinnen und Ureinwohnern wurden mit Gewalt, Zwang und Folter zum Christentum bekehrt und selbst US-Präsident George W. Bush versäumte es nicht, sein Morgengebet zu verrichten und die Hand auf die Bibel zu legen, bevor er im März 2003 den Befehl zum – wie wir heute wissen – nur mit Lügen gerechtfertigten militärischen Angriff auf den Irak erteilte, dem in der Folge bis zu einer Million unschuldiger Männer, Frauen und Kinder zum Opfer fallen sollten.

Papst Franziskus hat zeitlebens seine Stimme erhoben, um uns daran zu erinnern, dass die revolutionären Visionen von Jesus bis heute nichts an Aktualität eingebüsst haben, ganz im Gegenteil. Elementarste humanitäre Werte wie soziale Gerechtigkeit, Solidarität und Gemeinschaftsdenken, Nächsten- und Feindesliebe sind heute bedrohter denn je. Doch wie vor über 2000 Jahren die Mächtigen sich dieser Bedrohung ihrer Privilegien nicht anders zu entledigen vermochten als dadurch, dass sie Jesus, den „Systemsprenger“, ermordeten, so scheinen auch heute wiederum die Mächtigen all das „Gefährliche“, „Bedrohliche“ und „Unbequeme“, womit uns dieser Papst zum Nachdenken zu bringen versuchte, so schnell wie möglich wieder aus unserer Erinnerung auslöschen und zur „Tagesordnung“ übergehen zu wollen. Im Scheinwerferlicht der Weltöffentlichkeit, just anlässlich der Beisetzung von Papst Franziskus, tummeln sich schon wieder die Reichen und Mächtigen unserer Zeit, ganz so wie damals die Pharisäer, Schriftgelehrten und Geldwechsler, die, als hätte Jesus 2000 Jahre weit in die Zukunft schauen können, in der Bibel mit Worten wie diesen beschrieben sind: „Kurz vor dem jüdischen Passahfest reiste Jesus nach Jerusalem. Dort sah er im Vorhof des Tempels viele Händler, die Rinder, Schafe und Tauben als Opfertiere verkauften. Auch Geldwechsler sassen hinter ihren Tischen. Jesus machte sich aus Stricken eine Peitsche und jagte die Händler mit all ihren Schafen und Rindern aus dem Tempelbezirk. Er schleuderte das Geld der Wechsler auf den Boden und warf ihre Tische um.“ Und den Taubenhändlern, die ihm offensichtlich ganz besonders ein Dorn im Auge waren, befahl er: „Schafft das alles hinaus! Das Haus meines Vaters ist doch keine Markthalle!“

Leider sind die Händler, die Geldwechsler und die Taubenhändler bis heute immer und immer wieder in das „Haus des Herrn“ zurückgekehrt. Kaum war Papst Franziskus tot, tummelten sie sich bereits unverfroren, als wäre nichts geschehen, an seinem Grab, um sich im Scheinwerferlicht der Weltöffentlichkeit zu sonnen, und waren voll des scheinheiligen Lobs auf einen Mann, der sie vermutlich, wenn er noch leben würde, in alle Winde verjagt hätte, so wie damals Jesus mit der Peitsche all die Schönredner und Profiteure aus dem Tempel des Herrn verjagte. Franziskus habe „mit seiner Demut und Liebe für die weniger vom Glück Begünstigten weit über die katholische Kirche hinaus Millionen von Menschen inspiriert“ und „mit seinem Vermächtnis zu einer gerechteren, friedvolleren und mitleidsvolleren Welt beigetragen“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, sie, die sich selber ganz offensichtlich nicht im Geringsten von dieser Liebe hat inspirieren lassen, sonst hätte sie wohl kaum jenes EU-„Hilfsprojekt“ in der Höhe von 130 Millionen Euro an vorderster Front in die Wege geleitet, mit dem Tunesien seine Sicherheitskräfte ausbildet, damit sie möglichst viele Flüchtlinge aus dem südlichen Afrika ohne Wasser und Nahrung in die libysche Wüste jagen, Männer, Frauen und Kinder, von denen nur ganz wenige jemals wieder zurückkehren werden, während die toten Körper aller anderen schon längst zum Opfer der Aasgeier geworden sind und nicht einmal das Bild eines dreijährigen Mädchens, das in engster Umklammerung mit seiner Mutter tot in der Wüste von einem Journalisten gefunden wurde, den Weg in die grosse Weltöffentlichkeit gefunden hat.

Die EU-Parlamentspräsidentin Kaja Kallas, die wie kaum eine andere europäische Politikerin auf aggressivste Weise einen zukünftigen grossen Krieg gegen Russland heraufbeschwört und sich für eine militärische Aufrüstung Europas in einem historisch noch nie dagewesenen Ausmass stark macht, sprach vom „unermüdlichen Einsatz“ des verstorbenen Papstes „für den Schutz der Verletzlichsten“ und hob seine „Menschenwürde“ hervor – von seiner Aussage, auch dem ärgsten Feind müsse man die Hand reichen und mit Waffen könnten Konflikte zwischen Ländern und Völkern niemals gelöst werden, scheint sie indessen nie etwas gehört, oder wenn, es dann offensichtlich ganz und gar nicht verstanden zu haben. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, durch sein Schweigen gegenüber dem von der israelischen Regierung im Gazastreifen begangenen Völkermord mitverantwortlich für den Tod Zehntausender unschuldiger Kinder, Frauen und Männer, sagte, Papst Franziskus sei ein „Fürsprecher der Schwachen, ein Versöhner und ein warmherziger Mensch“ gewesen. Der höchstwahrscheinlich zukünftige deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz, der ebenfalls voll auf Kriegskurs ist, alle damit verbundenen sozialen, wirtschaftlichen und menschlichen Opfer seiner eigenen Bevölkerung bloss achselzuckend zur Kenntnis nimmt und zudem eine umfassende Verschärfung in der Flüchtlingspolitik, gegenüber den Schwächsten der Schwachen, fordert, erklärte, ohne dabei rot zu werden: „Das ständige wache Mahnen von Papst Franziskus zu sozialer Gerechtigkeit und für die Bewahrung der Schöpfung wird uns ebenso fehlen wie seine Impulse dazu, das Evangelium allen Menschen zu verkünden.“ Der britische Premierminister Keir Starmer, auch er das pure Gegenteil eines von Feindesliebe geprägten Pazifisten, lobte den „Mut“ und die „Demut“ des Verstorbenen. Auch der französische Präsident Emmanuel Macron, bei der laufenden Verschärfung der Flüchtlingspolitik bedingungslos Seite an Seite mit allen übrigen europäischen Hardlinern, sprach im Zusammenhang mit Papst Franziskus von „Demut“ sowie davon, dass dieser „sich immer auf die Seite der Schwächsten und Zerbrechlichsten gestellt“ hätte. Argentiniens Präsident Javier Milei, bekannt für seine öffentlichen Auftritte mit einer Kettensäge in der Hand, seine rigorosen Sparpläne zu Lasten der ärmsten Bevölkerungsschichten seines Landes symbolisierend, bekundete „tiefe Trauer“ über den Tod von Papst Franziskus und dass es für eine „grosse Ehre“ gewesen sei, dessen „Güte und Weisheit kennenzulernen“.

Anthony Albanese, der australische Ministerpräsident, forderte die Menschheit angesichts des Todes von Papst Franziskus die Menschheit auf, „uns an all das zu erinnern, was wir gemeinsam haben, um den Schrei der Erde, unserer gemeinsamen Heimat, zu hören“ und ordnete an, alle Flaggen seines Landes auf Halbmast wehen zu lassen – ausgerechnet Albanese, der Regierungschef jenes Landes, das in Sachen Asylpolitik weltweit als eines der restriktivsten gilt: Flüchtlingsboote werden aufs offene Meer zurückgedrängt, Flüchtlinge, welche die Küste erreichen, werden fortgeschafft und entweder auf die berüchtigte Insel Nauru, die einer Mondlandschaft gleicht und schon oft mit der Hölle auf Erden verglichen wurde, sowie auf weitere weit entlegene Pazifikinseln verfrachtet, wo gefängnisähnliche Zustände, körperliche Misshandlung und Vergewaltigungen an der Tagesordnung sind. Und der israelische Präsident Isaac Herzog, wenn auch nicht der Hauptverantwortliche, dann doch der engste Komplize von Netanyahu, einem der grössten Kriegsverbrecher unserer Zeit, äusserte sich über den verstorbenen Papst dahingehend, Franziskus sei ein „Mann mit grenzenlosem Mitgefühl“ gewesen, der „sein Leben dem Einsatz für die Armen und dem Ruf nach Frieden in einer unruhigen Welt gewidmet“ habe. Was für eine grenzenlose, unfassbare Scheinheiligkeit und Heuchelei, angesichts derer sich der Verstorbene wohl in diesen wenigen Tagen schon tausende Male in seinem Grab hätte umdrehen müssen…

Erst nach längerem Recherchieren, nachdem ich schon beinahe aufgegeben hätte, bin ich in einer kleinen Lokalzeitung auf folgende Meldung gestossen: Auf dem Grab von Papst Franziskus habe früh am Sonntagmorgen als allererstes eine einzelne weisse Rose gelegen. Und bereits am Tag zuvor hätte eine Gruppe von Kindern, Obdachlosen, Flüchtlingen, Opfern von Menschenhandel, Häftlingen, Transsexuellen und einer Vertretung der Roma-Gemeinschaft weisse Rosen in ihren Händen gehalten. Das wäre wohl die einzige Nachricht gewesen, die es Wert gewesen wäre, weltweit Schlagzeilen zu machen. Denn genau so war auch Jesus gewesen. Nicht bei den Mächtigen, deren Namen in goldenen Lettern prangen und die noch Jahrhunderte später in den Geschichtsbüchern zu lesen sind. Sondern bei den Machtlosen, den Namenlosen, denen, für die nie irgendwelche Denkmäler errichtet werden, obwohl sie die ganze Geschichte der Reichen und Mächtigen, all das Gold, all die Paläste, als die Siege der Starken über die Schwächeren unermüdlich auf ihren Schultern tragen und kein einziger Mensch jemals so reich und so berühmt werden könnte, wenn sie nicht so arm und so namenlos wären. Genau so war Jesus. Er suchte nicht die im Lichte auf, sondern die in der Finsternis, zu den am schmerzlichsten Ausgestossenen fühlte er sich am meisten hingezogen, bei denen, an denen alle achtlos vorbeigegangen, blieb er als Einziger stehen und hörte ihnen als Einziger zu, wenn sie von ihrem Kummer, ihren Sorgen und ihrem Leiden erzählten.

Und immer wieder waren es die Kinder. Schon damals wie auch heute noch immer die Schwächsten der Schwachen. Und so wie Jesus stets die Erwachsenen ermahnte, niemand würde jemals ins „Himmelreich“ kommen, „wenn ihr nicht werdet wie die Kinder“, genau so waren es auch die Kinder, von denen Papst Franziskus so oft erzählte, was ihn so unglaublich bewegt hätte, weil er stets in den Augen der Kinder, auch wenn sie oft voller unsäglicher Traurigkeit waren, zugleich doch immer auch die Hoffnung gesehen hätte, eines Tages würde sich die Erde vielleicht doch noch in jenes Paradies verwandeln, in dem alle Menschen, bevor sie zur Erde kamen, einst gelebt hatten. Diese Hoffnung, die von Menschen wie Jesus und Papst Franziskus und Millionen anderer, Namenloser, stets von Neuem immer wieder entfacht wird und von denen wir, wohl ohne uns der Tragweite dieser Worte gänzlich bewusst zu sein, so beiläufig sagen, solche Menschen seien „ihrer Zeit weit voraus“. Ja, wenn sie ihrer Zeit weit voraus sind, heisst das doch nichts anderes, als dass diese Zeit irgendwann auch tatsächlich kommen wird. Diese Zeit, in der trotz allem eines Tages die Traurigkeit und die Hoffnung in den Augen der Kinder, die Tränen der Freude und die Tränen der Trauer, die Liebe, das Mitgefühl mit Schwächeren, die Feindesliebe, die alles durchklingenden Kräfte der Musik, der Künste und der Phantasie und der Glaube an das Gute im Innersten aller Kreatur stärken geworden sein werden als alles andere und in einem neuen, grossen Ganzen durch Millionen unsichtbarer Fäden der Liebe miteinander verbunden sein werden.

Doch nicht nur die Kinder. Durch alles hindurch fällt in diesen Zeiten auf, dass die stärkste Sehnsucht nach einer friedlichen und gerechten Zukunft, so wie sie von Papst Franziskus verkörpert wurde, vor allem auch bei älteren Menschen spürbar ist, die, so scheint es, in höherem Alter ihre ursprünglichen, kindlichen, mit dem Paradies verbundenen Wurzeln wieder neu entdecken, gepaart mit Jahrzehnten wertvoller Lebenserfahrung: „Wir brauchen“ – auch diese Worte von Papst Franziskus müssen wir für immer in unseren Herzen aufbewahren – „ein neues Bündnis zwischen den Jungen und den Älteren, damit der Lebenssaft derer, die eine lange Lebenserfahrung haben, die Triebe der Hoffnung der Heranwachsenden nährt. So lernen wir die Schönheit des Lebens kennen und schaffen gemeinsam eine geschwisterliche Zukunft.“