Eine ganze Generation verliere ihre Zuversicht, lese ich im „Tagesanzeiger“ vom 6. Mai 2025. Dies vor allem wegen der schrumpfenden „Lebenszeit“ bei gleichzeitig immer weiter wachsender „Bildschirmzeit“.
Doch macht man es sich wohl zu einfach, die Schuld vor allem bei den sozialen Medien zu sehen, welche die Jugendlichen davon abhielten, Lebensfreude in der „realen Welt“ zu finden. Denn das eigentliche Hauptproblem sind nicht die sozialen Medien, sondern vielmehr diese sogenannte „reale Welt“. Diese ist nämlich alles andere als eine Quelle echter Lebensfreude, sondern mittlerweile dermassen stark von übermässigem Leistungsdruck und einem immer härteren gegenseitigen Konkurrenzkampf geprägt, während Lebensfreude und Lebensgenuss sowie Wertschätzung, Anerkennung und Ermutigung, ohne die ein junger Mensch seine Persönlichkeit und seine individuellen Begabungen nicht wirklich erfolgreich entfalten kann, immer mehr auf der Strecke bleiben.
Die sozialen Medien sind leider für viele fast noch der einzige Ort, wo sie schöne, spannende und fröhliche Dinge jenseits von Leistungsdruck, zwischenmenschlicher Kälte und Fremdbestimmung erleben können. Es ist nicht die „Bildschirmzeit“, welche sich auf Kosten der „Lebenszeit“ immer weiter ausbreitet, sondern genau umgekehrt: Die „Bildschirmzeit“ breitet sich gerade deshalb immer weiter aus, weil die „Lebenszeit“ für lebenshungrige, entdeckungsfreudige, abenteuerlustige und nach persönlicher Selbstverwirklichung strebende junge Menschen immer mehr an Attraktivität verliert.
Würde man die „Bildschirmzeit“ künstlich einschränken oder gar – zum Beispiel durch Handyverbote an den Schulen – geradezu verbieten, nähme man den Jugendlichen ausgerechnet auch noch das Letzte weg, was ihr Leben ein wenig spannender und abwechslungsreicher zu gestalten vermag. Wer die „Bildschirmzeit“ ernsthaft reduzieren möchte, müsste daher konsequenterweise alles daran setzen, den gesellschaftlichen, sozialen und beruflichen Alltag so attraktiv, freudvoll, humorvoll, wertschätzend, aufbauend, sinnvoll und mit so wenig Leistungsdruck, persönlichen Misserfolgen, sinnlosen Beschäftigungen und monotonen Arbeitsabläufen wie nur irgend möglich zu gestalten. Dann würde sich auf ganz natürliche Weise die „Bildschirmzeit“ ganz von selber nach und nach auf ein gesundes Mass reduzieren.