Die Schweiz hätte, so die SVP, der UN-Resolution vom 28. Oktober 2023 nicht zustimmen dürfen, weil darin der Angriff der Hamas vom 7. Oktober nicht explizit verurteilt worden sei. Genau gleich äussert sich auch Arye Shalicar, der Sprecher der israelischen Armee, der diese UN-Resolution eine „Schande“ nennt. Dies war in der „Sonntagszeitung“ vom 5. November 2023 zu lesen.
Doch was genau ist der Inhalt dieser Resolution, der 120 von 193 UN-Mitgliedstaaten zugestimmt haben? Sie verurteilt „jegliche Gewalt gegen israelische und palästinensische Zivilpersonen“ (damit also auch den Angriff der Hamas), fordert die „sofortige und bedingungslose Freilassung aller Zivilpersonen“, die „illegal festgehalten“ werden, verlangt „ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe in den Gazastreifen“, eine „sofortige Waffenruhe“ und eine „Einstellung aller Feindseligkeiten“. Hätte die Resolution rechtlich bindenden und nicht nur symbolischen Charakter, wären Tausende von Menschen, die inzwischen den israelischen Bombardierungen zum Opfer gefallen sind, heute noch am Leben. Wie kommt die SVP auf die absurde Idee, die Schweiz hätte dieser Resolution nicht zustimmen sollen?
Die „Schande“ ist nicht das Abstimmungsverhalten der Schweiz. Die Schande ist vielmehr, dass die SVP unbesehen die israelische Kriegsrhetorik übernimmt, nun zu alledem auch noch Ignazio Cassis mangelnde Führungsstärke vorwirft und sogar seine Abberufung als Aussenminister fordert, obwohl man ihm, statt ihn zu verurteilen, doch eigentlich für seinen Mut und seine Weitsicht dankbar sein müsste.