Im Buchser Montagsgespräch vom 10. November ging es um die «Service-Citoyen-Initiative», über die am 30. November abgestimmt wird. Diese Initiative fordert für alle Personen mit einem Schweizer Pass einen «Dienst zugunsten der Allgemeinheit und der Umwelt», also neu auch für Frauen. Das Initiativkomitee begründet dieses Anliegen damit, dass trotz grosser Herausforderungen wie Naturkatastrophen, Cyberangriffe, drohende Energieknappheit, Krieg, usw. der gesellschaftliche Zusammenhalt durch Individualismus und Egoismus mehr und mehr verloren ginge. Es brauche wieder mehr Einsatz für die Gemeinschaft. Geleistet werden könnte dieser Dienst nach den Vorstellungen des Initiativkomitees im Militär, im Zivilschutz oder in Form eines gleichwertigen Milizdienstes, z.B. in Bereichen wie Klimaschutz, Ernährungssicherheit oder Betreuung.
Dass der ehrenamtliche Einsatz für die Gemeinschaft früher stärker gewesen sei, war auch in der Diskussion unbestritten. Viele Menschen hätten sich, vor allem seit Corona, in einzelne «Blasen» zurückgezogen und hätten kaum mehr Kontakt mit Menschen aus anderen Berufen oder Bevölkerungskreisen, dabei spielten auch die sozialen Medien eine wichtige Rolle. Ein Gemeinschaftsdienst könnte dem entgegenwirken und ausserdem Wesentliches beitragen zum Erwerb praktischer Tätigkeiten und Kenntnisse sowie zur Persönlichkeitsbildung. Es wurden Beispiele anderer Länder erwähnt, zum Beispiel Indonesien, wo Gemeinschaftsarbeit in der Bevölkerung viel stärker verankert sei als bei uns.
Dennoch überwogen in der Diskussion die Argumente gegen diese Initiative. So zum Beispiel wurde vorgeschlagen, die rund zwei Milliarden Franken, welche die Umsetzung eines solchen Bürgerdiensts jährlich kosten würde, stattdessen für bessere Löhne im Gesundheitswesen einzusetzen. Auch könnten, wenn vermehrt Zivildienstleistende zum Einsatz kämen, Arbeitsplätze für geringqualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeiter unter Druck geraten. Zudem stünde die Initiative zu stark unter dem Vorrang des Militärischen, sei es doch eines ihrer erklärten Ziele, den «Bestand von Armee und Zivilschutz zu sichern».
Hauptpunkt in der Gegenargumentation aber bildete die Tatsache, dass den Frauen, die heute schon nebst der Erwerbsarbeit und der Familienbetreuung mit einem gegenüber Männern viel höheren Anteil an freiwilliger Care-Arbeit belastet seien, durch einen solchen Bürgerdienst eine zusätzliche Last aufgebürdet würde und es ihnen noch schwerer als bisher gemacht würde, eine eigene berufliche Karriere aufzubauen.
Quintessenz der Diskussion: Ein Bürgerdienst, wie er von dieser Initiative vorgeschlagen wird, hätte mehr Nachteile als Vorteile. Dennoch sei es wichtig, neue Modelle zu entwickeln, um die gesamte Bevölkerung in die Übernahme notwendiger öffentlicher Aufgaben einzubinden, aber weniger unter dem Fokus auf die Armee und ohne dass dies zu Benachteiligungen einzelner Bevölkerungsgruppen gegenüber anderen führen dürfte.